Reisen im Rollstuhl 2011 (1): Mit der Fähre von Calais nach Dover
Nach schlechten Erfahrungen rund ums Fliegen haben wir uns entschlossen (Prolog: Kein Flug mit Easyjet), dieses Mal mit dem Auto nach England zu fahren.
Die acht Stunden Fahrt quer durch Frankreich (über Nancy und Reims) verlaufen angenehm. Schlimm sind nur die Raststätten-Toiletten. Offenbar wurden hier (bei allen WCs) die Klobrillen abgeschafft, so dass man sich direkt auf den Rand der Porzellanschüssel setzen muss – ein Horror. Was in Frankreich aber toll ist, sind die Behindertenparkplätze. Vor jedem Parkplatz befindet sich ein grosses Park- und Halteverbotsschild mit einem Zusatzschild „ausser mit Behindertenparkkarte“. So ist die Sache wirklich klar. Daran könnten sich die Schweizer Behörden ein Vorbild nehmen.
Wir übernachten in Calais, von wo aus die Fähre und der Eurotunnel nach England führen. Das Hotelzimmer im Ibis Calais Tunnel sous la Manche in Coquelles ist extrem kalt und damit nur für warme Jahreszeiten empfehlenswert. Das Badezimmer besteht aus einem Fertigelement und ist über eine kleine Stufe (ca. 4 cm) erreichbar. Es bietet eine ebenerdige Dusche mit Klappsitz und einen Haltegriff neben dem WC. Dieser stört aber mehr, da er viel zu weit in Richtung Toilette ragt (bzw. die Wand ist nicht weit genug entfernt). Das Nachtessen und das Frühstücksbuffet im Hotel sind wunderbar – man kann sogar seinen eigenen Orangensaft pressen.
Nach dem Frühstück fahren wir zum Fährhafen. Einen Platz auf der Fähre hatten wir übers Internet bereits von zu Hause aus reserviert. Am Eingang des Hafens wird unsere Autonummer erfasst und damit unsere Buchung aufgerufen. Wir erhalten einen Anhänger mit Rollstuhlsignet für den Innenrückspiegel und eine Warte-Spur zugewiesen. Nach ein paar anderen Autos sind dann auch wir an der Reihe. Wir fahren die lange Rampe hinauf und auf das Schiff (Video). Wir werden auf einen Platz direkt vor dem Lift gelotst und dürfen mit breitem Abstand zur Wand parkieren, so dass ein problemloses Transferieren in den Rollstuhl möglich ist.
Über den Lift gelangen wir auf die anderen Decks. Hier befinden sich Restaurants, Bars, Wartebereiche wie in Flughäfen, ein Duty-Free-Shop, Videospiel-Raum, und auch ein Behinderten-WC. Die Überfahrt mit der Fähre ist damit für Leute mit Gehbehinderung absolut empfehlenswert und es ist grossartig, all diese professionellen Abläufe und Mitarbeiter zu erleben. Als Person mit Gehbehinderung wird man mit einer Selbstverständlichkeit behandelt, die wir in der Schweiz oft vermissen.
Nach kurzweiligen eineinhalb Stunden Fahrt treffen wir bei dichtem Nebel in Dover ein. Wir fahren wieder über eine Rampe von Bord (Video) und gelangen direkt auf die Autobahn. Welcome to the United Kingdom!