Ladestationen: Hindernisse für Rollstuhlfahrende
Häufig halten gleich mehrere Hindernisse Autofahrende im Rollstuhl davon ab, ihr Elektroauto an öffentlichen Ladestationen aufzuladen.
Das grösste Hindernis ist offensichtlich: Die meisten Ladeplätze sind als normalbreite Parkplätze ausgestaltet. Ein Aussteigen bzw. Umsteigen in den Rollstuhl ist damit unmöglich. Für den Transfer müsste die Fahrer- oder Beifahrertüre vollständig geöffnet werden können. Platz neben dem Auto wird auch für eine seitliche Rampe benötigt. Andere Fahrzeuge mit einer rückseitigen Rampe sind auf sehr lange Parkfelder angewiesen. Aus diesem Grund sind Behindertenparkplätze breiter als normale Parkfelder, teilweise auch länger. Wo gewöhnliche Parkplätze zu Ladeplätzen umgebaut werden, zum Beispiel in Einstellhallen von Hotels, Supermärkten und Einkaufszentren, ist der Transfer nicht möglich. Sowieso können hier auch Menschen ohne Rollstuhl kaum aus- und wieder einsteigen, wenn die Parkplätze vor vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten geplant und gebaut wurden wurden, als Autos deutlich schmaler waren. Drei Parkplätze zu zwei Ladeplätzen zusammenlegen wäre eine Lösung, gesehen haben wir dies aber noch nicht. Aber auch die meisten neu gebauten Ladestationen sind zu schmal. Einzige Ausnahmen bilden die Schnellladestationen von Socar und Fastned auf Autobahn-Rastplätzen. Socar baut breite Parkplätze oder trennt sie mit Sperrflächen voneinander ab, die den Menschen im Rollstuhl ein Transferieren erlauben. Fastned verzichtet auf Markierungen; hier laden Autos nicht nebeneinander, sondern zu vier rund um die Ladesäulen herum.
Schlechtes Beispiel oben: Kursaal Bern, unten: Coop Ostermundigen
Als weitere Hindernisse installieren die Ladeinfrastruktur-Anbieter vor den Ladesäulen absichtlich Abstandhalter oder Schwellen, damit die Autos nicht versehentlich die Ladesäule touchieren und beschädigen. Teilweise werden die Säulen auch ausserhalb des zugänglichen Bereichs auf einer Grasfläche, an einer Böschung oder einem sonstigen Absatz errichtet. Was Autos abhält, wirkt aber auch gegen Menschen im Rollstuhl. Diese Hindernisse sorgen dafür, dass Rollstuhlfahrende gar nicht bis zur Ladestation gelangen.
Schlechtes Beispiel oben und unten: MOVE A1 Grauholz (bei Bern)
Dann sind bei so manchen Ladesäulen die Ladekabel und/oder die Bedienelemente oft unerreichbar hoch angebracht. An den Gofast-Ladesäulen beispielsweise befindet sich die Kontaktlos-Schnittstelle zum Bezahlen in 1,90 Meter Höhe. Wenn sich die Ladesäulen wie gerade erwähnt auch noch zusätzlich auf einem Podest befinden oder sonstwie erhöht angebracht sind, wird dieser Zustand noch weiter verschlimmert.
Schlechtes Beispiel oben: SOCAR A1 Kölliken Nord, unten: Gofast A2 Deitingen Nord und darunter A1 Würenlos
Jede dieser drei Hindernisarten kann für sich alleine ausreichen, um eine Benutzung im Rollstuhl zu verhindern. Allzu oft haben wir aber gleich zwei oder alle drei Arten von Hindernissen angetroffen. Maximale unerreichbare Ladesäule haben wir genügend angetroffen: auf einem Podest auf einem Absatz und mit zu hoch angebrachten Bedienelementen, und davor ein Abstandhalter. Da wird die Bedienung selbst für Menschen ohne Rollstuhl schwierig.
Dies ist insofern tragisch, als dass alles davon absichtlich so gebaut wurde. Die Abstandhalter wurden nicht versehentlich auf dem Boden angebracht, der Podest unter der Ladesäule ist nicht einfach so passiert. Nein. Dies war in allen Fällen eine bewusste Entscheidung der Planer, die von der Baubewilligungsbehörde bewusst so genehmigt wurde, wobei alle bewusst erlassenen Gesetze und rechtlichen Vorschriften eingehalten wurden. Niemand der involvierten Stellen und Personen hat dabei die Bedürfnisse von Menschen im Rollstuhl berücksichtigt, oder ansonsten ignoriert. Genauso wie das bei den ÖV-Haltestellen geschah, die auch zwanzig oder mehr Jahre später nicht hindernisfrei umgebaut wurden. Scheinbar legen es die Gesetzgeber und Behörden darauf an, aus den Fehlern nicht zu lernen, sondern sie bei den Ladestationen gleich zu wiederholen.