Im Rollstuhl ins Stadttheater Bern

Ein Konzert mit Videogame-Musik hat uns zum ersten Mal seit wir hier wohnen ins Stadttheater Bern gelockt. Buchung und Besuch im Rollstuhl liefen sehr einfach und ungezwungen ab, und das Konzert war genauso episch wie angekündigt.

Schon bei der Vorbereitung unseres Besuchs im Stadttheater wird klar: Hier ist Inklusion wichtig. Auf der Website lesen wir unter dem Stichwort Zugänglichkeit, dass der hindernisfreie Zugang gewährleistet ist. Wegen der eingeschränkten Platzwahl erhalten Menschen im Rollstuhl eine Ermässigung von 20% auf den Ticketpreis, das Ticket für eine Assistenzperson ist kostenlos. Wir rufen bei der Billettkasse an, um zu buchen, und sind überrascht: Wir dürfen aus mehreren Sitzmöglichkeiten auswählen, im Parkett in der zweiten, dritten oder vierten Reihe entweder ganz links oder ganz rechts. So können mehrere Rollstuhlfahrende gleichzeitig die Vorstellung besuchen.

Noch bis im November 2025 wird die Kornhausbrücke saniert. Die Baustelle nimmt viel Platz in Anspruch. Die beiden Behindertenparkplätze gegenüber des Stadttheaters können deshalb nicht benutzt werden. Stattdessen sind zwei Ersatzparkplätze an der Nägeligasse markiert, wo sich auch der dritte Behindertenparkplatz befindet. Hier parkieren wir. Und gelangen über die Rampe zum Eingang des Stadttheaters.

Hier erwarten uns interessante Gestalten: Die Cosplayer und Cosplayerinnen aus verschiedenen Videospielen sind ein Teil des heutigen Tags. Vor dem Konzert und in den Pausen stehen sie für Fotos bereit und machen die «Epic Game Moments in Concert» mit ihrer Präsenz noch ein bisschen epischer. Der Swiss Witcher ganz links im Bild führt als Moderator durch den Abend.

Die linke der drei Türen ins Foyer des Stadttheaters öffnet automatisch. Aber gleich zwei Leute halten uns die rechte Türe auf, zu der wir von der Rampe her zuerst gelangen. Mit dem auf der rechten Seite etwas versteckten Lift fahren wir vom -0 ins 0 einen halben Stock höher und gelangen durch die hintere Lifttüre zum Parkett. Dort winkt uns die Platzanweiserin von der hinteren Türe zum Zuschauerraum her schon zu. Eine kleine Rampe führt die paar Zentimeter zu den Parkettplätzen hinauf. Hier wurde beim Rollstuhlplatz der Sitz bereits demontiert.

Wow, wir sind wirklich weit vorne! Wir sitzen in der dritten Reihe und staunen: Das Stadttheater ist klein, aber hoch gebaut. Die Sicht von oben muss toll sein, denn von dort aus haben die Zuschauenden sicher einen grossartigen Blick auf das ganze Orchester und den Chor ganz hinten, den wir von hier unten nur erahnen können.

Dann beginnt das Konzert. Gleichzeitig zeigen Bildschirme links und rechts Ausschnitte aus dem Videospiel, aus dem das Stück stammt. Dabei wird klar: In den letzten Jahren ist die Videospielmusik zu einem immer wichtigeren Bestandteil der Games geworden – vergleichbar mit der Musik in Kinofilmen. Obwohl auch alte Spiele durchaus mit eingängiger Musik aufwarten können: Bei Tetris betreten gleich zwei Solisten die Bühne. Hier werden wir aber von den Bildschirmen abgelenkt: Gefühlt der ganze Zuschauerraum fragt sich, wer so Tetris spielen kann, als immer nur eine Reihe aufs Mal verschwindet und sich die Blöcke bald bis zum oberen Rand auftürmen.

In der Pause reicht die Zeit gut, um in der Bar im ersten Stock etwas zu trinken – eine Art Zaubertrank in einer kugelförmigen Flasche. Sie sieht aus, als stamme sie direkt aus einem der Videospiele. Auch als das Konzert weitergeht, bleiben die Plätze vor uns frei. Und wir fragen uns, ob das Zufall oder Absicht ist, um der Person im Rollstuhl die Sicht nicht zu versperren. Jedenfalls freuen wir uns darüber und lauschen gespannt den weiteren Klängen.

Als das Konzert eine Stunde später sein «Game Over» erreicht hat, hört der Applaus kaum auf. Und auch wir finden: Das war richtig toll und wird hoffentlich mal wiederholt. Und nicht nur wir hatten Spass, sondern ganz offensichtlich auch der Dirigent und die Musikerinnen und Musiker. Vermutlicht kommt es nicht allzu oft vor, dass sie mal etwas ganz Anderes spielen als sonst.

Auf dem Nachhauseweg vergleichen wir dieses Konzert mit dem im Casino Bern zwei Wochen zuvor. Es liegt sicher an der Klimaanlage, die es hier gibt, an den aufgestellten Mitarbeitenden und sicher auch an der anderen Publikumszusammensetzung, dass wir uns heute beim Besuch im Rollstuhl so richtig wohl gefühlt haben.

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