Im Rollstuhl an die Basler Herbstmesse 2013: Ein Armutszeugnis für Basel

Nach einem Jahr Pause haben wir wieder die Basler Herbstmesse besucht. Und sind schwer enttäuscht: Menschen mit einer Gehbehinderung spielen in der Planung und Organisation noch immer keine Rolle. Die ungenügenden Informationen und schlechten Parkiermöglichkeiten für Gehbehinderte hatte ich schon vor zwei Jahren bemängelt und dabei Behörden und Organisatoren kontaktiert.

Es ist nicht nur traurig, dass sich in den letzten zwei Jahren überhaupt nichts geändert hat, nein, es ist eine Schande und ein Armutszeugnis für die Stadt Basel und die Herbstmesse als ältester und grösster Jahrmarkt der Schweiz.

Vor dem Besuch der Herbstmesse wollten wir uns wie immer über die Anfahrt und Parkiermöglichkeiten informieren. Schon das gestaltet sich extrem schwierig. Einzig auf der Webseite der Herbstwarenmesse (mit unabhängigen Organisatoren, was aber kein Auswärtiger wissen kann, auch wegen der Verwechslungsgefahr aufgrund der Weiterleitung von www.herbstmesse.ch) sind die folgenden Informationen „für handicapierte Besucher“ zu finden: „Parkplätze: IV-Parkplätze stehen in der Anlieferzone in der Mattenstrasse zur Verfügung. Einlass beim Securitas mit gültigem IV-Ausweis.“

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Hier stören mich sowohl die fehlenden als auch die vorhandenen Informationen. Wer auch immer „IV-Parkplätze“ geschrieben hat, hat sich keine Mühe gemacht, den korrekten Begriff „Parkplätze für Gehbehinderte“ ausfindig zu machen. Weitere Informationen oder einen Anfahrtsplan sucht man vergeblich. Ich bezweifle, dass ausser den Organisatoren jemand weiss, wo sich diese Anlieferzone befindet – vermutlich weder die Basler Bevölkerung und schon gar nicht Besucher aus der restlichen Schweiz.

Google Street View ist endlich auch für Basel verfügbar. Hier suche ich also die „Anlieferzone in der Mattenstrasse“ und glaube, fündig geworden zu sein: Auf der östlichen Seite der Messehalle mit dem runden Innenhof, in der sich die Herbstwarenmesse befindet, gibt es einen abgesperrten Bereich mit Barriere. Diese wird wohl von einem Securitas-Mitarbeiter bedient, der Inhaber einer Parkkarte für Gehbehinderte hier parkieren lässt.

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Leider ist dem aber nicht so, als wir am letzten Messesamstag die Herbstmesse besuchen. Das Gebiet ist verwaist und nirgends ist ein Securitas-Mitarbeiter oder sonst jemand zu sehen. Kein einziges Auto ist hier parkiert. Wir fahren die ganze Mattenstrasse hinauf und hinunter, ohne fündig zu werden. Wir biegen also rechts in die Rosentalstrasse ab und fahren Richtung Messeplatz. Hier fragen wir einen Mitarbeiter der Daru Wache. Er hat noch nie von Behindertenparkplätzen gehört und sei nur hier, um das Tramgeleise freizuhalten. Auch die Fahrt einmal rund um das gesamte Messeplatz-Gelände führt zu nichts: Nirgends weit und breit ist ein Behindertenparkplatz zu sehen.

Wir biegen also wohl oder übel auf die Einfahrt zum alten Messeparkhaus ab. Und fragen den Securitas-Mitarbeiter hier, wo sich denn die Behindertenparkplätze befinden. „Es gibt keine“, lautet seine Antwort. Das Messeparkhaus sei halt schon alt, entschuldigt er sich. Er habe gestern schon versucht, eine Parkiermöglichkeit für weitere Leute mit Gehbehinderung zu suchen, jedoch ohne Erfolg. Klar: Er kann nichts dafür. Aber ein altes Parkhaus ist keine Ausrede, weshalb man nicht einige der normalen Parkfelder neu aufmalen und als Behindertenparkfelder markieren kann. Dass die schwere Türe zum Treppenhaus direkt auf die Durchfahrt führt, ist nicht nur für Rollstuhlfahrer ein Problem. Und auch das Lift-Schild hatte ich früher schon bemängelt: Es besagt, dass die Lifte zwischen 24:00 und 6:00 Uhr ausser Betrieb sind. Rollstuhlfahrern bleibt also nichts anderes übrig, als rechtzeitig den Messebesuch abzubrechen und wegzufahren. Wir parkieren ausserhalb eines Parkfelds neben einer Durchfahrt (natürlich mit genügend Abstand), um sicherzugehen, dass daneben niemand parkiert und wir die Türe zum Transferieren vom Rollstuhl ins Auto später ganz öffnen können.

Am Messeplatz hat sich viel geändert. In Richtung Grossbasel hin thront ein neues Gebäude quer über dem Areal und verbindet in den oberen Stockwerken die Messehallen. Die Eventhalle ist nun geschlossen und damit auch die Behinderten-WCs mit Eurokey, die sich in der Eventhalle auf der Ostseite der Tramgeleise befanden. Wo gibt es jetzt WCs für Rollstuhlfahrer? Auf dem Plan der Plätze sind zwar Toiletten eingezeichnet, nicht aber solche für Rollstuhlfahrer. Vermutlich, weil es einfach keine gibt. Zumindest die von uns aufgesuchten WCs auf den Plänen haben sich als gewöhnliche WC-Barracken entpuppt, die leider nicht rollstuhlgängig sind. Auch die Polizisten am Polizei-Stand haben keine Ahnung. In der Not fragen wir schlussendlich im Ramada-Hotel im Messeturm, ob wir freundlicherweise ihr Behinderten-WC benutzen dürfen.

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Nach dem Messeplatz besuchen wir die Stände und Bahnen der Rosental-Anlage. Leider erschwert das tiefe Kies ein Durchkommen massiv. Wir sehen viele andere Rollstuhlfahrer, die hier ebenfalls steckenbleiben. Das ist eine ziemliche Tortur. Wieso braucht es hier so viel Kies?

Auf dem Kasernen-Gelände hilft der Holzrost-Boden. Auf diese Ebene gelangt man jedoch nur über eine einzige, schmale Metallrampe, auf der es wegen den vielen Kinderwagen und Personen, die lieber hier durchgehen als die wenigen Treppenstufen zu nehmen, fast eine Verkehrs- oder zumindest Vortrittsregelung braucht. Eine zweite Rampe wäre und eine Verlegung an einen geeigneteren Ort, um nicht oben wegen der Pflanzenbeeten in der Sackgasse zu stecken, wäre definitiv hilfreich gewesen. Vermutlich musste auch hier gespart werden.

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Die Standorte Münsterplatz, Barfüsserplatz und Petersplatz lassen wir aus.

Unser Fazit der Basler Herbstmesse 2013: Wir sind enttäuscht, dass die Stadt Basel und die Organisatoren in den letzten zwei Jahren nichts unternommen haben, um den Messebesuch für Leute mit einer Gehbehinderung zu erleichtern.

Ich fordere für die Zukunft:

  • Die Schaffung von (Aussen-) Parkplätzen für Gehbehinderte und einen genauen Plan auf der Webseite der Herbstmesse.
  • Die Schaffung von Parkplätzen für Gehbehinderte im Messeparkhaus.
  • Rollstuhlgängige WCs mit Eurokey an sämtlichen Messe-Standorten.
  • Rollstuhl-WCs und Behindertenparkplätze sollen auf den Plänen ersichtlich sein.
  • Weniger tiefes Kies in der Rosental-Anlage.
  • Besser informierte Hilfspersonen.

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