Im Rollstuhl an den Swiss E-Prix 2019 in Bern

Am 23. Juni 2019 fand am Rand der Berner Altstadt der Swiss E-Prix statt, ein Rundstreckenrennen mit elektrisch angetriebenen Rennwagen. Unter den 130’000 Zuschauern in der Fanzone gab es auch einige Menschen im Rollstuhl oder mit einer Gehbehinderung. Und obwohl die Veranstaltung mit Inklusion und einer Rollstuhltribüne warb, hat sich beim genauen Hinschauen viel Verbesserungspotenzial gezeigt. Auch wenn es wohl nie mehr einen E-Prix in Bern geben wird, ziehen die Stadtbehörden aus den nachfolgenden Punkten hoffentlich Lehren für zukünftige Grossveranstaltungen.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Wenig Informationen im Vorfeld

Lange fehlten auf der Webseite www.swisseprix.com Informationen für Besucher mit einer Gehbehinderung. Fan-Zone, Fussgängerbrücke, Zuschauertribüne: leider alles ohne Angaben dazu, was für Rollstuhlfahrer möglich sein wird.

Mitte Mai 2019 habe ich deshalb Kontakt mit den Organisatoren des Swiss E-Prix aufgenommen und viele Fragen gestellt. Kurz darauf kam die Antwort: «Wir erarbeiten zurzeit die Rollstuhlplätze mit unserem Partner Cerebral.» Das hat Hoffnung gemacht. Denn die Stiftung Cerebral ist bekannt für ihre kompetenten Hilfestellungen, zum Beispiel mit Rollstuhl-WC-Containern und Rollstuhl-Tribünen an Veranstaltungen oder zum Beispiel dem Rollstuhl-Schlitten für die Eisbahn auf dem Bundesplatz.

Anfang Juni habe ich dann von den Organisatoren ein weiteres E-Mail erhalten: «Es wird 8 Stellplätze für Rollstühle mit Begleitperson geben und es ist kein Ticket notwendig. Die die zuerst kommen bekommen den Platz.» Gleichzeitig wurde diese Information auch auf der Webseite aufgeschaltet. Auf dem herunterladbaren Orientierungsplan sind ausser der Rollstuhlplattform auch barrierefreie Toiletten und barrierefreie Übergange eingezeichnet.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Immer besser als solche vereinzelten Informationsschnipsel wäre natürlich ein separater Menüpunkt auf der Webseite, der zu Informationen für Besucher mit einer Behinderung führt. Was im Ausland allgemein üblich ist, scheint in der Schweiz aber unvorstellbar zu sein.

Rücksichtslose Vorbereitungsarbeiten

Anfang Juni fuhren die ersten Baumaschinen auf, um die Rennstrecke vorzubereiten. Diese führt vom Rosengarten her den Aargauerstalden hinunter, gleich wieder den Grossen Muristalden hinauf und zum Campus Muristalden, um die Tamoil-Tankstelle herum, die Schosshaldenstrasse hinauf und beim Laubegg-Schulhaus nach links in die Laubeggstrasse. Eine Verkehrsinsel nach der andern wird platt gemacht. Wenigstens der schöne Kreisel beim Bärengraben darf bleiben.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Dann treffen grosse Lastwagen ein, die Hunderte Betonelemente und Absperrgitter abladen. Entlang der Rennstrecke werden damit Banden gebaut… womit auch die Probleme beginnen. Denn die Betonelemente und Absperrgitter werden auf den Trottoirs platziert und lassen vielerorts nicht mehr genügend Platz für Eltern mit Kinderwägen und für Menschen im Rollstuhl. Ihnen bleibt häufig nichts anderes übrig, als auf die Strasse auszuweichen.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Das ist für sie extrem gefährlich. Denn sie sind hier gefangen und können die Strasse erst bei der nächsten Querstrasse wieder verlassen, die mit den Banden noch ausgespart wurden. Ausserdem wird der Verkehr an manchen Stellen nur einspurig geführt, während parkierte Lastwagen die andere Spur blockieren. Das macht die Strasse unübersichtlich und nervt die Autofahrer, die nicht selten zu schnell weiterfahren, wenn sie endlich an der Reihe sind. Hier hätte es mehr Verkehrsleiter gebraucht und vor allem solche, die Menschen mit Kinderwagen oder im Rollstuhl auf der Strasse begleiten und für mehr Sichtbarkeit sorgen. Viel besser wäre natürlich gewesen, wenn auf den Trottoirs weiterhin genügend Platz für sie geblieben wäre.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Ausserdem sind von den Aufbauarbeiten in der unteren Altstadt sehr viele Menschen mit einer Gehbehinderung betroffen, die für einen Arztbesuch oder ähnlich hierherkommen. Entweder kommen sie gar nicht mehr durch, oder – mit dem Taxi eintreffend – sind sie vielen kritischen Blicken und Rufen ausgesetzt. Ich habe von jemandem gehört, der richtiggehend angebrüllt wurde, er solle schneller machen und hier verschwinden, weil er sich mit seiner Gehbehinderung nur langsam fortbewegen konnte. Das liegt sicher auch daran, dass kaum lokale Handwerker bei den Aufbauarbeiten beteiligt waren, sondern dass ausländische Handwerker mit dem Formel-E-Konvoi von Austragungsort zu Austragungsort unterwegs sind. Wir haben Handwerker-Autos aus Frankreich, Italien und sogar England gesehen.

Bewusst keine Behindertenparkplätze am Renntag

Zwei Woche vor dem Renntag habe ich mich erneut an die Organisatoren gewandt, um zu fragen, wo denn Rollstuhlfahrer, die mit dem Auto anreisen, parkieren können. Denn auf der Webseite hat es weiterhin nur den Tipp, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Problematisch ist nur, dass die öffentlichen Verkehrsmittel weiträumig umgeleitet werden. Die Buslinie 10, die vom Bahnhof Bern her kommend zum Rosengarten und weiter nach Ostermundigen fährt und unterwegs viele Stopps einlegt, hält nur noch am Viktoriaplatz und dann lange nicht mehr. Vom Viktoriaplatz sind es 750 Meter bis zur Kreuzung beim Rosengarten, von wo aus die Rollstuhl-Tribüne erreicht werden kann. Diese Strecke ist zwar flach und mit einem motorisierten Rollstuhl oder Zuggerät gut machbar, stellt aber eine ziemliche Anstrengung für Selbstfahrer im Handrollstuhl dar. Und eine schier unmögliche Herausforderung für viele Menschen mit einer Gehbehinderung, die ohne Rollstuhl unterwegs sind. Wir fahren sowieso in der Schweiz nicht gerne Tram oder Bus, weil hierzulande die öffentlichen Verkehrsmittel mit den Klapprampen, die vom Chauffeur von Hand ausgeklappt werden müssen, einfach viel zu umständlich und nicht hindernisfrei sind.

Damit bietet es sich für Menschen mit einer Gehbehinderung eher an, mit dem Auto anzureisen. Einen «normalen» Parkplatz zu finden, könnte schwierig werden. Denn die Anwohner innerhalb der Rennstrecke müssen ihre Autos vor, während und nach des Rennens ausserhalb dieses Gebiets parkieren, um es in dieser Zeit verwenden zu können. Ihre Parkkarten sind deshalb auch in den angrenzenden Parkkartenzonen gültig. Damit versuchen also schon so viel mehr Autofahrer als üblich, einen Parkplatz in der Blauen Zone zu finden, noch bevor die Zuschauer anreisen.

Aus diesen beiden Gründen und aufgrund der erwarteten Menge an Besucher – 130’000 waren es schlussendlich – bin ich davon ausgegangen, dass sicherlich ein paar Parkplätze für Inhaber von Behindertenparkkarten vorgesehen wurden. So zum Beispiel auf den nahen Parkplätzen bei der Kaserne, auf denen ein Bereich für Besucher mit einer Gehbehinderung reserviert werden könnten. Diese Parkplätze stehen bei vielen Grossanlässen im Stade de Suisse und auf dem Bernexpo-Gelände gebührenpflichtig zur Verfügung.

Umso grösser ist meine Verwunderung, als ein paar Tage vor dem Rennen endlich die Antwort der Organisatoren bei mir eintrifft: «Wir als Veranstalter stellen keine Parkplätze zur Verfügung.» Ich wende mich deshalb umgehend an die Stadt Bern und erhalte am darauffolgenden Tag einen Anruf aus dem Polizeiinspektorat: «Der Berner Gemeinderat mag keine Autos und will deshalb nicht, dass Besucher mit dem Auto anreisen, auch Behinderte nicht.» Da nützt es auch nichts, dass ich dem Anrufer die Situation für Menschen mit einer Gehbehinderung darlege. Er zeigt zwar Verständnis für mein Anliegen, aber an der Entscheidung ändert sich trotzdem nichts.

Einzig für die beiden Behindertenparkplätze auf dem Parkplatz an der Papiermühlestrasse (die einzigen weit und breit), die wegen dem Rennen nicht zugänglich sind (hier kommt die Boxengasse zu stehen), wird Ersatz geschaffen. An der Reiterstrasse würden während der Renndauer zwei provisorische Behindertenparkplätze ausgeschildert. Schade, dass diese Information nur auf Nachfrage erhältlich war und nicht aktiv kommuniziert wird – zumal sich die Reiterstrasse in einem abgesperrten Bereich befindet und Autofahrer mit Rollstuhl eigentlich nicht mal in ihre Nähe gelangen, wenn sie nicht wissen, dass sie dort eine potenzielle Parkiermöglichkeit haben.

Doch es kommt noch besser. Als ich mich am Donnerstagabend und ein weiteres Mal am Samstagnachmittag auf die Suche mache, kann ich sie nirgends entdecken. Zwar ist die Reiterstrasse lang und verwinkelt – scheinbar heisst hier bis auf den Nebenarm der Laubeggstrasse alles Reiterstrasse. Vielerorts sind grosse Lastwagen parkiert und Zelte aufgestellt. Und es gibt zwar ein Stück Blaue Zone, die provisorisch mit einem Park- und Halteverbot belegt ist (und auch hier stehen Autos), und wild parkierte Autos, die von Verkehrsdienst-Mitarbeitern bewacht werden, aber nirgends Parkplätze mit dem Rollstuhl-Symbol oder einer entsprechenden Beschriftung. Auch niemand der angesprochenen Verkehrsdienst-Mitarbeitenden weiss etwas von Behindertenparkplätzen. «Viel Glück!», wünscht mir einer von ihnen.

Am Montag erhalte ich dann wieder einen Anruf aus dem Polizeiinspektorat. Dort hatte ich am Freitag noch angerufen, um nachzufragen, aber niemand hatte Zeit. Der Anrufer, es ist derselbe wie am Donnerstag, ist konsterniert: Die Organisatoren des Swiss E-Prix haben eigenmächtig auf den beiden Ersatz-Behindertenparkplätzen ein Zelt aufgestellt, weil sie mehr Platz brauchten. Und dies ohne Rückmeldung und ohne Absprache mit dem Polizeiinspektorat. Die Ersatzparkplätze seien deshalb tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden.

Wir haben schlussendlich im Quartier ausserhalb eines Parkfelds parkiert, an einem Ort, an dem wir den Verkehr nicht behindert haben. Der Verkehrsdienst-Mitarbeiter in der Nähe hat uns noch darauf aufmerksam gemacht, dass heute die Parkplätze gut kontrolliert würden und wir ziemlich sicher eine Busse erhalten würden. Doch mit der Behindertenparkkarte und der Blaue-Zone-Karte mit unserer Ankunftszeit dürfen wir drei Stunden lang im Parkverbot (nicht aber im Halteverbot) parkieren. Das reicht uns. Wir sind fürs Qualifying gekommen und werden innerhalb der drei Stunden wieder wegfahren. Es ist aber nicht möglich, das Auto bis zum Rennen hier stehen zu lassen, ohne eine Parkbusse zu riskieren.

Mit seiner bewussten Entscheidung, keine Behindertenparkplätze für Besucher des Swiss E-Prix zu schaffen, und der fehlenden Kontrolle der wenigen Ersatzparkplätze schränkt die Stadt Bern die Möglichkeit für Menschen mit einer Behinderung, den Berner E-Prix zu besuchen, übermässig ein. Sehr traurig.

Enger Zugang zum Besucherbereich

Wir haben also in der Nähe der Kaserne parkiert und sind auf dem Richtung Rosengarten-Kreuzung, von wo aus der Weg zur Rollstuhltribüne führt. Wir haben den Orientierungsplan lange studiert und schon gesehen: Aufgrund der speziellen Geografie gibt es viele sehr enge oder schlicht unmögliche Stellen, zum Beispiel vom Bärengraben zum Aargauerstalden, die wir gar nicht erst ausprobieren.

Schlussendlich entpuppt sich auch der obere Zugang zum Aargauerstalden als Nadelöhr. Denn die Organisatoren haben am westlichen Ende der Kreuzung (eingangs der Viktoriastrasse in Richtung Viktoriaplatz) eine grosse Tribüne mit teuren Sitzplätzen hingestellt, die total im Weg steht. Wieso wurde die nicht so gebaut, dass die Besucher untendurch gehen können? Daneben bleibt ein nur gerade rund ein Meter breiter Durchgang zwischen dieser Tribüne und der Abschrankung der Schönburg-Baustelle. Zuerst treffen wir hier auf einen relativ hohen Absatz über ein paar Kabel und Schläuche, bei dem wir uns fragen, ob Selbstfahrer und elektrische Rollstühle diesen wirklich bewältigen können. Hier ist es sehr eng und es geht nur sehr langsam vorwärts. Ein solcher Engpass stellt natürlich auch ein grosses Sicherheitsproblem dar. Uns ist unerklärlich, wie das so behördlich bewilligt werden konnte. Während andere Besucher zum Abkürzen einfach über die kleine Hecke steigen, bleibt Menschen im Rollstuhl nur übrig, zu warten, bis es wieder weitergeht.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Dann geht es abwärts. Denn die Rollstuhltribüne befindet sich etwa 100 Meter weiter unten am Aargauerstalden. Und hier ist das Gefälle und weitere Kabelkanäle nur ein Teil des Problems. Der andere Teil sind die Leute. Denn die wollen eigentlich gar nicht weitergehen, sondern bleiben stehen, um links durch das Gitter auf die Rennstrecke zu sehen, um nach einem Sitzplatz auf dem Gras rechts Ausschau zu halten, oder um mit Bekannten zu plaudern. Und natürlich sind alle derart mit sich selbst beschäftigt, dass sie nicht wahrnehmen, dass sie hier allen anderen Besuchern im Weg stehen. Niemand sorgt dafür, dass ein genügend breiter Durchgang frei bleibt.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Rollstuhltribüne in Hanglage

Neben der Fussgängerbrücke durch gelangen wir schliesslich zur Rollstuhlplattform, und sind sehr positiv überrascht. Die ist riesig! Hier hat es nicht nur Platz für acht Leute im Rollstuhl und ihre Begleitpersonen, nein, hier hätten noch viel mehr Platz. Da die Plattform auch sehr breit ist, können Zuggeräte abgestellt werden, ohne im Weg zu sein. Als wir kurz vor dem Qualifying eintreffen, befinden sich auf der Plattform bereits mehrere Leute, aber wir finden sofort eine gute Stelle zum Zuschauen.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Nur eine junge Frau mit Smartphone ist auf der Rollstuhlplattform ein bisschen fehl am Platz. Als sie einem Rollstuhlfahrer immer wieder die Sicht versperrt und auf gutes Zureden nicht reagiert, holt jemand die Dame von Bronco Security, die dafür sorgt, dass nur berechtigte Personen die Tribüne benutzen. Sie nimmt ihren Job sehr ernst und macht ihn grossartig. Doch sie kommt schon bald an ihre Grenzen, als das Qualifying beginnt. Eltern schicken ihre Kinder auf die Plattform, Leute klettern an den Seiten hinauf, und während die Security-Frau auf der einen Seite zum Rechten schaut und Leute wegjagt, kommen auf der anderen Seite andere Leute die Rampe hinaufgeströmt. Hier hätte es unbedingt eine Art physische Barrieren gebraucht. Schon nur Planen, welche die Metallstangen bedeckt und damit ein Hinaufklettern verhindert hätten, hätten einen grossen Unterschied gemacht. Und eine weitere Sicherheitsperson, um die Rollstuhltribüne besser vor unberechtigten Personen zu schützen.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Neben der Rollstuhlplattform befindet sich ein rollstuhlgängiges Toitoi-WC, kann dort aber natürlich von allen Personen benutzt werden. Noch besser wäre ein Rollstuhl-WC-Container gewesen, dessen Türe nur mit einem Eurokey aufgeschlossen werden kann.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Übergang mit Lift

Jetzt testen wir die einzige Fussgängerbrücke zur Family Zone im Rosengarten. Hier gibt es auch einen Lift für Menschen mit einer Gehbehinderung oder mit Kinderwägen, der vom Zivilschutz betrieben wird. Der Lift befindet sich gerade auf dem Weg nach unten, als wir eintreffen. Und schon zeigt sich das riesige Problem: Die Rampe vom Boden zum Lift ist extrem steil. Das Gefälle beträgt mindestens 20 Grad bzw. über 35%, wenn nicht sogar deutlich mehr. Zum Vergleich: Hindernisfreie Rollstuhlrampen haben eine Gefälle von maximal 6%. Die Rampe hier geht nur mit fremder Hilfe, und für schwere Elektrorollstühle vermutlich gar nicht.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Die Fahrt nach oben verläuft wesentlich angenehmer als befürchtet. Kein Ruckeln oder Wackeln; hier ist alles sehr stabil gebaut. Die Brücke selbst ist zwischen eineinhalb und zwei Meter breit und damit viel zu schmal. Denn hier müssen sämtliche Besucher zum und vom Rosengarten durch. Kein Wunder, dass wir auf dem Rückweg lange warten müssen. Die Kapazität der Brücke ist einfach viel zu tief.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Und es gibt oben auf der Brücke keinen Wartebereich für uns. Als wir auf dem Rückweg die Brücke überqueren und beim Lift eintreffen, fährt der gerade nach unten. Wir stehen mit dem Rollstuhl so gut es geht zur Seite, aber optimal ist das nicht.

Unzugängliches E-Village

Nach dem Qualifying ist erstmal lange Pause. Wir gehen wieder zurück zum Auto und fahren zum E-Village, das fast die ganze untere Altstadt belegt. Vom Zytglogge her kommend stehen wir schon bald vor dem obersten Stand, und dem ersten Problem. Denn scheinbar gibt hier gerade einer der Rennfahrer ein Interview. Und das führt zu einem Grossandrang. Der Stand wirkt damit wie eine Barriere, die keine Rollstuhlfahrer mehr durchlässt. Uns bleibt nur ein Ausweichen in die Lauben, von denen wir aber nicht mehr stufenlos in die Mitte der Gasse mit all den weiteren Ständen wechseln können.

Die untere Altstadt ist halt wirklich der denkbar unpraktischste Ort für Menschen im Rollstuhl. Schade aber, dass für das Rennwochenende niemand (Organisatoren, Stadtverwaltung) daran gedacht hat, provisorische Rampen zwischen Lauben und Gassen zu installieren, wo dies möglich gewesen wäre.

Viel Verbesserungspotenzial

Die Organisatoren des Swiss E-Prix sind sich scheinbar nicht bewusst, dass es mehr braucht als nur eine Rollstuhltribüne und rollstuhlgängige WC-Häuschen, um ihren Grossevent inklusiv und für alle besuchbar zu machen. Die Auswirkungen auf die Bevölkerung und insbesondere auf Menschen mit einer Gehbehinderung müssen vom Beginn der Aufbauarbeiten bis zum Ende der Abbauarbeiten berücksichtigt werden. Diese Abbauarbeiten dauern dann auch viel länger als vorgesehen. Selbst eine Woche nach Renn-Ende und mehrere Tage nach der angekündigten Aufhebung aller Strassensperrungen stehen noch viele Betonelemente auf den Trottoirs, werden Buslinien umgeleitet und müssen Autos Umwege fahren.

Meine grössere Kritik richtet sich jedoch an Stadtpräsident Alec von Graffenried und den rot-grünen Gemeinderat. Diese haben die Auswirkungen der Veranstaltung auf die Stadt und ihre Bewohner völlig unterschätzt, nicht genügend Vorkehrungen getroffen und Vorgaben gemacht, und vor allem nicht kontrolliert, ob diese seitens der Organisatoren eingehalten werden. Auch wenn sie Autos nicht mögen (und da ist es unverständlich, wieso sie eine Veranstaltung rund um Autos unbedingt durchführen wollen), so entbindet sie dies nicht von ihrer Verpflichtung, in ihrer Planung auch Menschen mit einer Behinderung zu berücksichtigen. Sie hätten mehr Vorkehrungen treffen müssen, um Menschen mit einer Gehbehinderung den Besuch des Swiss E-Prix zu ermmöglichen, beginnend bei der Anreise mit dem öffentlichen Verkehr (z.B. Shuttle-Service von der Haltestelle Viktoriaplatz her einrichten) oder mit dem Auto (ausreichend Behindertenparkplätze vorsehen). Diese Kritik stelle ich den zuständigen Stellen natürlich auch noch schriftlich zu, mit Bitte um Stellungnahme.

Das Rennen selbst schauen wir uns dann zu Hause im Fernsehen an. Und sind froh über diese Entscheidung. Nicht nur, dass die Menschenmenge jetzt noch viel grösser ist als bei unserem Besuch an der Rennstrecke am Nachmittag, sondern auch, weil nach dem voraussehbaren Massen-Crash in der ersten Schikane 45 Minuten lang erstmal nichts läuft, bevor das Rennen neu gestartet wird.

Swiss E-Prix 2019 in Bern im Rollstuhl

Aufgrund der übermässigen Beeinträchtigung der Anwohner und der erheblichen Sachbeschädigungen durch Velo-Demonstranten wird der Swiss E-Prix wohl kaum mehr je in Bern stattfinden. Zürich hat dem Swiss E-Prix gerade eine Absage für das kommende Jahr erteilt. Aber auch für die allfällige zukünftige Durchführung in anderen Schweizer Städten ist zu hoffen, dass die Organisatoren aus all den Versäumnissen lernen – und dass die Stadtverwaltung in Bern und Zürich nachfragen wird und nicht dieselben Fehler nochmals macht. Die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen müssen in jedem Fall besser berücksichtigt werden.

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