Poller-Erlebnis ohne Zeitungsmeldung

Ende 2008 und Anfang 2009 war in den Zeitungen fast wöchentlich von Autos zu lesen, die von den neuen Pollern in der Berner Altstadt aufgebockt (”aufgespiesst”) worden sind. Deren Fahrer waren einem zugangsberechtigten Fahrzeug nachgefahren, und hatten dabei die Warnschilder der Stadt ignoriert. Dann war es plötzlich soweit: Für einen Arzttermin in der oberen Altstadt brauchen auch wir Zufahrt in das Poller-versperrte Gebiet. Aber wie?

Leider finden sich weder auf den Website der Stadt Bern noch der Kantonspolizei, mit welcher die Stadtpolizei vor ein paar Jahren fusionierte, irgendwelche Informationen dazu. Was kaum zu glauben ist. Und auch an den Poller-Bedienstationen finden sich weder Hinweise noch eine Telefonnummer, unter welcher man Infos erhält. Ich schreibe also ein E-Mail an die Verkehrsplanung der Stadt Bern – eine sinnvollere Ansprechstelle finde ich nicht –, schildere die Situation, nenne meine Autonummer, und frage, ob für die Zufahrt zur Altstadt eine Voranmeldung nötig sei oder ob es ausreiche, wenn wir uns einfach an der Polleranlage melden.

Eine Antwort erhalte ich nicht – zumindest nicht bis zum Arzttermin am Tag darauf. Wir probieren es also einfach aus. Ich fahre vor die Poller-Bedienstation und drücke auf den “Polizei”-Knopf.

Rüegsegger?” (Name geändert) meldet sich jemand. Hmm… also falsch verbunden können wir ja kaum sein. “Grüessech”, sage ich, stelle mich vor, und erkläre ihm das Anliegen. “Ich kann Sie nicht verstehen!”, erhalte ich als Antwort, “sprechen Sie in das Mikrofon!” Mikrofon? Vermutlich die in einem Kreis angeordneten kleinen Löcher unten links. Doch auch das scheint nichts zu nützen. “Sprechen Sie lauter!” Was, noch lauter? Doch auch das scheint nicht zu reichen. “ARZTTERMIN”, schreie ich also aus 10 cm Entfernung ins Mikrofon, in der Gewissheit, dass mich der gesamte Bärenplatz gehört hat, und mit dem leisen Verdacht, irgendwie bei “Versteckte Kamera” gelandet zu sein. Das ist also die hoch entwickelte Poller-Anlage der Stadt Bern? Wirklich erbärmlich.

Aber auch jetzt scheint mich Herr Rüegsegger nicht verstanden zu haben. Doch scheint ihm die Ausweglosigkeit der Situation klar zu werden. Er gibt auf, mich verstehen zu wollen, und senkt die Poller. Wir fahren durch, das Herz bis zum Hals klopfend. Und sind durch.

Leider vergesse ich, einen Blick in den Rückspiegel zu werfen. Hat es hinter uns vielleicht ein Auto aufgespiesst? Wir werden es nie wissen.

Schon lange wieder zurück vom Arzttermin erreicht mich dann folgendes E-Mail:

“Danke für Ihre Anfrage.

Gemäss der bestehenden Verkehrssignalisation gilt in der Neuengasse ein Fahrverbot für Motorfahrzeuge, ausgenommen Montag – Samstag, 05.00 – 11.00 Uhr und 18.30 – 21.00 Uhr, ist Güterumschlag und die Zufahrt für das Ein- und Aussteigenlassen von Personen gestattet.

Ausserhalb dieser Zeiten ist eine Zufahrt nicht gestattet, ausser für Taxis und berufsmässige Behindertentransportdienste die über eine Ausnahmebewilligung für die Zufahrt verfügen.

Benützen Sie in diesem Fall mit dem Privatfahrzeug das Metroparking. Freundliche Grüsse”

Darauf lässt sich wirklich nur eines antworten:

“Vielen Dank für Ihre zu späte Antwort. Wir haben es auch so geschafft, Zufahrt zur Neuengasse zu erhalten.”

(Diesen Blogbeitrag hatte ich ursprünglich am 30. Mai 2009 im Autofahrerblog.ch publiziert.)

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