Reisen im Rollstuhl 2011 (8): Abstecher ins Disneyland Paris
Nach der Fahrt durch den Eurotunnel geht’s nicht einfach wieder zurück in die Schweiz. Weil wir sowieso irgendwo auf der Strecke übernachten müssen, kann das genauso gut Paris sein. Nach nur drei Stunden Fahrt treffen wir dort in unserem Hotel ein. Das Zimmer ist riesig, mit Wohnbereich und kleiner Küche, aber eiskalt.
Am nächsten Morgen sind wir dankbar für die wärmenden Sonnenstrahlen. Und stehen im Stau vor der Kasse zum Eurodisney-Parkplatz. Erst aufs zweite Nachfragen hin erfahren wir vom separaten Behindertenparkplatz und erhalten einen schlecht gezeichneten Plan und einen Zugangscode für die Schranke. Der Parkplatz befindet sich seitlich neben dem Disneyland Hotel, das gleichzeitig der Eingang zum Park ist. Für Gehbehinderte ist der Eintritt frei, die Begleitperson bezahlt einen ermässigten Tarif.
In der City Hall erhalten wir gegen den amtlichen Nachweis der Behinderung (das Vorzeigen der Behindertenparkkarte reicht) einen Zettel, der zur Benutzung von Rollstuhleingängen und -plätzen innerhalb des Parks berechtigt. Scheinbar wird viel Missbrauch betrieben, so dass dieser Zettel bei jeder Gelegenheit vorgezeigt werden muss.
Einen speziellen Parkplan für Gehbehinderte erhalten wir nicht, auch wenn davon auf der Webseite die Rede war (und auch dort konnte er nicht heruntergeladen werden). So wissen wir nur grob, welche Bahnen denn nun machbar sind und welche nicht. Grundsätzlich gilt, dass man selbst in die Bahn transferieren können muss, und bei abenteuerlichen Bahnen muss man auch in der Lage sein, selbst zu evakuieren – sorry, eine Leiter hochsteigen ist doch ein bisschen viel verlangt.
Zu bemängeln ist auch, dass es keine separaten Behinderten-WCs gibt. Rollstuhlgängige WCs existieren nur innerhalb der geschlechtergetrennten WC-Anlagen und sind wie die übrigen WCs sehr dreckig, weil es nicht genügend Putzeinsätze gibt und weil sich die Besucher aufführen wie kleine Schweine.
Nun aber zu den Bahnen. Wir bewegen uns im Gegenuhrzeigersinn durch den Park und gelangen als erstes zum Discoveryland. Die Achterbahn Space Mountain ist verständlicherweise nicht rollstuhlgängig, überraschenderweise aber die Nautilus. Ein Lift und eine verborgene Türe führen in die dunklen Gänge des U-Boots aus 20’000 Meilen unter dem Meer.
Auf der neuen Bahn Buzz Lightyear Laser Blast gibt es ein spezielles Wägeli mit ausklappbarer Rollstuhlrampe. Das ist theoretisch super. Praktisch scheint der Schliess-Sensor der Rampe aber zu spinnen und die ganze Bahn hält 4x an und die Angestellten kommen, um die Rampe zu überprüfen. Ausserdem funktionieren in diesem Wägeli die Laserpistolen (zumindest bei unserem Besuch) nicht, mit denen man auf die bösen Monster schiessen muss. Damit wird die Bahn komplett witzlos.
Das Fantasyland und das Adventureland besuchen wir im Schnelldurchlauf. Schade, dass die Boote von „Pirates of the Carribean“ nicht möglich sind, und natürlich sind auch die Indiana Jones-Achterbahn und der Big Thunder Mountain nicht rollstuhlgängig.
Das Mittagessen in der Cowboy Cookout Barbeque Scheune war früher besser und ist mühsam. Während ich fürs Essen anstehe, wartet meine Frau in der Nähe, weil die Warteschlangen viel zu schmal für einen Rollstuhl sind. Sie wird dabei ständig von übereifrigen Mitarbeitern belästigt, die sie irgendwo hin an einen Tisch bringen wollen. Super, da würde ich mich sehr freuen, wenn sie plötzlich nirgends mehr wäre, nachdem ich endlich das Essen erhalte.
Nach dem Essen besuchen wir – wie bei jedem Disneyland-Aufenthalt – die Drachenhöhle unter dem Schloss. Das ist über einen seitlichen Zugang problemlos auch im Rollstuhl möglich.
Die anderen Bahnen und die Shows lassen wir aus Zeitgründen aus. Gegen ein Uhr verlassen wir den Disneyland Park und gehen nebenan in die Walt Disney Studios, um die „Stars’n’Cars“-Parade zu sehen.
Zuvor haben wir aber noch Zeit für eine Studio Tram Tour. Mit einer Hebebühne wird meine Frau in den vordersten Wagen verladen. Sie wird rückwärts sitzend festgezurrt, während alle anderen Leute vorwärts schauen. Es muss nicht gesagt werden, dass man sich so sehr exponiert fühlt und auch nur wenig von den Sachen mitbekommt, die es unterwegs zu sehen gibt. Die Tram Tour selbst ist sogar noch kürzer wie bei der Eröffnung – die Kostümschneiderei wird neu unterschlagen – und den Aufwand nicht wert.
Bald beginnt die Parade. Es gibt spezielle Bereiche, die für gehbehinderte Besucher reserviert sind. Da ist aber schon fast kein Platz mehr frei. Denn obwohl hier nur eine Begleitperson erlaubt wäre, scheint das keiner der Angestellten sehr ernst zu nehmen. Scheinbar ist es in Paris üblich, das kranke Grosi im Rollstuhl mitzunehmen, um dafür mit einer ganzen Kinderhorde von den Vorteilen zu profitieren. Völlig gesunde Kinder und ihre Mütter machen sich stehend vor den wenigen Leuten im Rollstuhl breit, so dass wir kaum etwas von der Parade sehen.
Um 16 Uhr müssen wir dann langsam an die Heimfahrt denken. Bezüglich unseres Eurodisney-Besuchs haben wir gemischte Gefühle: Es wäre eigentlich toll, wenn da nicht die Franzosen wären. So ist der Park nur bedingt empfehlenswert, und sowieso nur ausserhalb der Hochsaison.
Kurz vor Mitternacht sind wir nach insgesamt 2’700 km Fahrt wieder zu Hause in der Nähe von Bern. Und wollen schon bald wieder mit der Planung der nächsten Reise nach England beginnen – auf jeden Fall wieder mit dem Auto.