Nie wieder Flughafen Basel, nie wieder Easyjet
Wir sind mit EasyJet von Basel nach Manchester geflogen, wo wir eine Veranstaltung besuchen wollten. Und ja: Dieses Mal bereuen wir die Entscheidung wirklich, ab Basel und mit EasyJet geflogen zu sein. Das war unser bisher schrecklichstes Reiseerlebnis. Hier ist wieso.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
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Die Fahrt zum Flughafen klappte einfach zu gut. Kein Stau, fast kein Regen, ein lustiger Ovo-Stand an der Autobahnraststätte. Es musste ja noch schlimmer kommen. Und das kam es… sehr.
Wie immer halten wir beim Einchecken am Flughafen unsere Checkliste zum Fliegen im Rollstuhl bereit. Auf den Gepäck-Anhänger für den Rollstuhl kommt der Check-In-Mitarbeiter von selbst, nach dem orangen Anhänger «Return to Aircraft Door», um den Rollstuhl direkt nach dem Aussteigen zurückzuerhalten, müssen wir fragen. Und werden entgeistert angeschaut. Selbst nach dem dritten Mal nachfragen und mit mittlerweile fünf EasyJet-Mitarbeitenden um uns herum bleiben sie dabei: Bei EasyJet gibt es keine solchen Anhänger, weil EasyJet diesen Dienst nicht anbietet. Rollstuhlfahrer erhalten ihren Rollstuhl nicht zurück, sondern müssen nach der Ankunft mit den Helfern im Flughafenrollstuhl zum Gepäckband gehen, wo der Rollstuhl dann – wie ein gewöhnlicher Koffer auch – abgeladen wird.
Das ist absolut unhaltbar. Ein Rollstuhl ist kein Koffer, den man beim Ausladen herumwerfen kann und der Stösse und schlechte Behandlung locker aushält. Bisher wurde der Rollstuhl meiner Frau am Flughafen Basel ja auch so schon grob behandelt und hat Schrammen und Kratzer davongetragen. Wie wird er denn wohl nach seinem Weg zum Gepäckband aussehen? Doch so sehr wir uns auch wehren: Es nützt nichts. Anders als richtige Fluggesellschaften will (und scheinbar muss) EasyJet hier nichts unternehmen, sondern darf Passagiere mit einer Behinderung so behandeln. Wir fragen nach einem Schutz für den Rollstuhl und erhalten das Angebot, doch eine Schachtel für 15 Franken kaufen zu können. Sicher nicht.
Auch der Assistenzschalter am Flughafen Basel, zu dem wir geschickt werden, ist mal wieder unbrauchbar. Der Mitarbeiter sitzt an seinem Computer und gibt irgendetwas ein, ohne mit uns zu sprechen. So steht plötzlich eine Helferin da, die er scheinbar gerufen hat, obwohl das gar nicht nötig wäre. Hätte er uns gefragt, so hätten wir ihm erklärt, dass wir wie immer alleine zum Gate gelangen und nur Hilfe benötigen, um ins Flugzeug und zum Sitz zu gelangen.
EasyJet-Sicherheitskontrolle nimmt Rollstuhl auseinander, während wir stehen müssen
Doch es wird noch schlimmer. EasyJet hat einen eigenen Eingang zu den Gates und eine eigene Sicherheitskontrolle. Und die ist einfach grauenhaft. Während ich bei der Röntgenmaschine auf die Rückgabe von Handgepäck und Jacken warte, wird meine Frau bereits von den Sicherheitsbeamtinnen drangsaliert. Und anders kann man das wirklich nicht nennen. Sie zerren ihre Füsse nach vorne von den Fussstützen und verlangen danach, dass sie nach vorne liegt. Und hören dann einfach nicht zu, als meine Frau ihnen erklärt, dass das mit den gestreckten Beinen nicht möglich sei. Sie werden immer ungehaltener und hören auch dann nicht auf, als meine Frau zu weinen beginnt. Endlich komme ich dazu und will wissen, was hier los ist.
Jetzt verlangen die Sicherheitsleute, dass meine Frau aufsteht. Sie wollen sie unbedingt überall abtasten. Während wir also so stehen, machen sie nicht nur das, sondern entfernen das Sitzkissen, um es durch das Röntgengerät zu lassen. Dann beginnen sie, die Abdeckung der Rückenlehne abzureissen. Und in den zehn Jahren, in denen wir Flugreisen im Rollstuhl unternehmen, ist dies das erste Mal, dass Sicherheitsleute auf eine derart blöde Idee kommen. Ich frage, was das soll, ohne dass das etwas bewirkt. Sie machen einfach weiter, während ich sie anbrülle, dass sie die Abdeckung später genauso wieder anbringen müssen, wie sie war. Langsam stehen wir auch schon länger so da, und das wird zum Problem. Die Kraft lässt nach. Ich frage nach einem anderen Stuhl, auf den meine Frau sitzen kann. Es dauert ewig, bis die Sicherheitsleute kapieren, und noch länger, bis ein Stuhl organisiert ist. Denn praktischerweise steht hier nirgends einer bereit. Sind wir wirklich die ersten Passagiere im Rollstuhl, die sich einen Flug mit EasyJet antun? In der Zwischenzeit ist die Rückenlehnen-Abdeckung geröntgt, aber natürlich gelingt es der Sicherheitsfrau nicht, sie wieder richtig anzubringen. Ich solle ihr doch helfen, fordert sie mich auf. Wie denn, während ich hier stehe und meine Frau halte? Was bitte sind die Anforderungen an Sicherheitsleute hier am Flughafen? Intelligenz oder ein guter Umgang mit anderen Leute gehört definitiv nicht dazu.
Als meine Frau schlussendlich wieder in ihrem Rollstuhl sitzt und sich langsam beruhigt, fragt sie die Sicherheitsleute, was sie denn bei Passagieren mit einer Behinderung tun, die nicht so lange stehen können wie sie. Dann würden sie einen Polizisten holen, und dieser Polizist würde dann entscheiden, ob dem Passagier der Flug verweigert wird oder nicht, erklären die Sicherheitsleute völlig gleichgültig. Wir haben kaum je Leute getroffen, denen das Wohl anderer Leute egaler ist. Gleichzeitig haben sich die Sicherheitsleute auf Französisch über uns den Mund zerrissen. Wohl in der Annahme, wir würden es nicht verstehen. Haben wir aber.
Für die Franzosen hier scheint ihre Arbeit nur ein lästiges Übel zu sein, um das nötige Geld zu verdienen. Und genau hier liegt auch das Problem. Basel ist kein Schweizer Flughafen mehr, sondern nur noch ein rein französischer. Der Name «Basel-Mulhouse» ist eigentlich ein Etikettenschwindel. Es gilt kein Schweizer Recht mehr (und damit scheinbar gar keins mehr), das Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL ist nicht mehr zuständig. Es nützt nichts, sich zu beschweren. Und ich habe alle hier und mehrfach nach einem Beschwerdeformular gefragt, ohne dass es irgendjemanden interessiert hätte. Das würde einfach irgendwo in Paris oder bei einem regionalen Beamten landen und dann wohl mit einem Schulterzucken im Papierkorb entsorgt. Ändern wird sich nichts, weil ja auch schon die Einsicht fehlt, dass irgendetwas falsch läuft. Da kann man nichts machen.
Kein Fingerdock
Wenig später am Terminal sieht es dann nach noch mehr Übel aus: Wir müssen den Lift hinunter zum Gate auf Bodenhöhe nehmen. Das bedeutet: kein Fingerdock, sondern eine mühsame Einsteige-Prozedur. Und trotz der einstündigen Verspätung, die uns die App gemeldet hat, befindet sich hier schon eine lange Warteschlange. Scheinbar ist die Verspätung doch nicht so gross und das Boarding steht unmittelbar bevor. Wir kämpfen uns also durch all die Leute bis zu einer EasyJet-Mitarbeiterin, und werden gebeten, weiter vorne bei der Türe zu warten. Hier holen uns zwei Mitarbeiter des Assistenzdiensts ab und bringen uns in eine Art fahrbaren Container, der sich dann in die Höhe hebt, bis wir mit dem Container die Höhe der Flugzeugtüre erreicht haben.
Meine Frau wird auf der Schubkarre ins Flugzeug gebracht, während ich mich um das Handgepäck kümmere. Zu unserem Erstaunen sind alle vorderen Plätze schon voll. Anders als richtige Fluggesellschaften legt EasyJet also keinen Wert darauf, dass Menschen mit einer Behinderung möglichst ungestört und vor allem unangestarrt zu ihrem Platz gelangen können.
Wir haben für eine zusätzliche Gebühr Plätze in der ersten Reihe gebucht, in der Hoffnung, dass hier das Einsteigen etwas einfacher wird. Das ist es zum Teil, zum Teil aber auch nicht. Wir haben zwar etwas mehr Bewegungsfreiheit, aber die Armlehnen lassen sich nicht hochklappen. So wird es mühsam (wenn auch weniger mühsam als weiter hinten), auf den mittleren Sitzplatz zu gelangen. Denn – und darauf bestehen die Crewmitglieder – Menschen mit Behinderungen dürfen in der ersten Reihe nicht am Gang sitzen, auch wenn das an diesem Platz keine Rolle gespielt hätte.
Aufatmen im Flugzeug
Dann sind alle an ihrem Platz und das Flugzeug startet. Der Flug verläuft soweit unspektakulär. Uns fällt aber ganz stark auf, dass die Crewmitglieder nur darauf bedacht sind, Essen und Getränke und Duty-Free-Artikel zu verkaufen, und ansonsten nur wieder hinsitzen und miteinander sprechen. Ich frage trotzdem, ob es vielleicht möglich sei, dass der Kabinenchef versucht, den Rollstuhl doch gleich beim Flugzeug zurückzuerhalten. Er ist überrascht und sagt, dass das eigentlich sowieso so geschehe.
Und tatsächlich wartet der Rollstuhl schon im weiteren Rad-Container, mit dem wir auch in Manchester abgeholt werden. Denn auch hier ist weit und breit kein Fingerdock zu sehen. Das heisst also: Die fünf EasyJet-Mitarbeiter am Check-In in Basel waren nicht nur unfreundlich, sondern auch alle inkompetent und haben uns mit ihrer Falschauskunft ganz unnötig Angst gemacht. Unglaublich.
Rückflug mit Hindernissen
Beim Rückflug ist die Anspannung dann sehr gross. Und das ist auch kein Wunder, nach diesem Erlebnis auf dem Hinflug! Aber in England läuft alles gewohnt angenehm ab, zumindest am Anfang. Es ist wirklich wie Tag und Nacht, wie die Leute hier freundlich sind. Die nette Dame am Assistenzschalter nimmt sich Zeit und erklärt genau, was sie macht, fragt, ob und welche Hilfe wir benötigen, und weist uns dann den Weg zur speziellen Sicherheitskontrolle für Menschen, die Unterstützung benötigen.
«Bag drop» nicht für Bags
Aber auch von hier an scheint alles abwärts zu gehen. Zuerst mal müssen wir bei EasyJet warten, bis der «Bag Drop», die Gepäckabgabe, endlich möglich ist. Dann werden wir abgewiesen: Hier könne man nur Hartschalenkoffer abgeben. Für unsere Reisetasche (ein «Bag») müssen wir zu einem Schalter für abnormales Gepäck gehen. Das ist nur ein einziger Schalter mit einem unglaublich langsamen Mitarbeiter. Denn trotz kurzer Warteschlange dauert die Wartezeit ewig.
Endlich ist die Reisetasche abgegeben und wir gehen durch die Sicherheitskontrolle für Menschen, die Unterstützung benötigen. Die unterscheidet sich aber nicht wirklich von einer normalen Sicherheitskontrolle. Abgesehen davon, dass es nur ein Band gibt und die Mitarbeiter Gepäckschalen von verschiedenen Personen mischen – was absolut dämlich ist und höchstens dazu führt, dass mir jemand den Laptop aus der ersten Schale klaut, während die letzte noch nicht mal in der Nähe des Röntgengeräts ist.
Während meine Frau bereits von einer weiblichen Sicherheitsbeamtin kontrolliert wird, dabei aber weder aufstehen muss noch der Rollstuhl auseinandergebaut wird, muss ich als Begleitperson zuerst durch einen Ganzkörperscanner, werde dann abgetastet und zusätzlich noch mit einem Sensor auf Sprengstoff untersucht. Das ist vielleicht doch etwas übertrieben, finde ich. Danach werde ich von einer weiteren Beamtin zur Eile angetrieben: Ich solle meine Sachen vom Band nehmen. Dummes Zeug. Das geht einfach nicht schneller, weil ich unsere Sachen auf fünf Gepäckschalen verteilen musste. Kein Wunder, erhält die Sicherheitskontrolle beim Umfrage-Aufsteller ein rotes, unzufriedenes Smiley von mir.
Wir kaufen unser Znacht und warten dann in einem weiteren Assistenzbereich aufs Einsteigen. Dabei wird das Gate erst angezeigt, als das Boarding schon fast beginnt, und im Nullkommanichts hat es eine riesige Warteschlange. Wir fahren um diese herum und stellen uns ganz vorne hin. Alle sehen uns… nur der EasyJet-Mitarbeiter nicht, der die Bordkarten scannt und die Pässe kontrolliert. Der erste Passagier in der Schlange weist ihn schlussendlich auf uns hin.
Einsteigen wird fast zur Katastrophe
Dann warten wir auf den Assistenzdienst, der ein bisschen zu selbstgefällig ist. Er wolle zuerst das andere Ehepaar mit Rollstuhl einladen und komme dann zurück. Aber wir sollen uns keine Sorgen machen: Selbst wenn schon jetzt die Bordkartenkontrolle der übrigen Passagiere losgehe, sie müssten jetzt einfach 20 Minuten auf der Treppe warten. Nach zehn Minuten ist er endlich wieder zurück, während die Passagiere ganz offensichtlich trotzdem schon einsteigen. Und besteht darauf, meine Frau im Rollstuhl zu schieben und nicht den Handkoffer, worum ich ihn bitte. «Nein, ich bin kein Gepäckträger. ICH nehme die Frau», sagt er bestimmt. Und fügt dann als Erklärung an: «Ich bin dafür ausgebildet. Und ich habe hier eine Versicherungsdeckung, Sie nicht.»
Und die Versicherung braucht er auch fast. Denn als er meine Frau einen Durchgang hindurch und eine gut sichtbare kurze Rampe mit ca. 15 cm Höhenunterschied hinunter schiebt, fährt er einfach so hinunter, ohne die Vorderräder anzuheben. Und bleibt unten an der Rampe sogleich mit dem Fussbänkchen am Boden hängen. Nur gaaaaanz viel Glück und der geistesgegenwärtigen Reaktion meiner Frau ist es zu verdanken, dass sie nicht nach vorne aus dem Rollstuhl und auf Knie, Hände und vielleicht auch Kopf gefallen ist. Sie hat die Beine gestreckt und die Füsse so gut es ging gegen den Boden gedrückt, als sie aus dem Rollstuhl zu rutschen begann. Hätte der Mensch sie nur ein wenig schneller geschoben, oder hätte sie die Beine nicht bewegen können, wäre sie gefallen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was dann passiert wäre. Und auf DIE Antwort von EasyJet auf die kommende Reklamation sind wir gespannt. Sein einziger Kommentar, ohne jegliches Wort der Entschuldigung, war: «Na gut, pfeifen wir auf die Versicherung. Dann stossen halt SIE und ich spiele trotzdem den Gepäckträger.» Und das, während ich versuche, meine Frau zurück in den Rollstuhl zu schieben. Danach hat er sich bei der ersten Gelegenheit heimlich verdrückt.
Keine vergünstigten Parkgebühren mehr für Gehbehinderte am Flughafen Basel
Endlich treffen wir in Basel ein, wo sich meine Frau langsam wieder vom Schock erholt hat. Hier wartet noch eine Überraschung auf uns: Der bisherige Rabatt auf die Parkgebühren von (ich glaube) 30% für Inhaberinnen und Inhaber einer Behindertenparkkarte wurde per 1.1.2020 abgeschafft. Der Flughafen-Chef habe dies so entschieden, informiert mich die Dame am Telefon, von dem ich wie immer ins Flughafenbüro anrufe, um den Rabatt anzufordern.
Das verwundert sogar den Mitarbeiter der Assistenzfirma, der uns vom Flugzeug bis zum Auto begleitet und eine grosse Hilfe ist. Schliesslich können Menschen im Rollstuhl nicht gleich gut wie alle anderen mit dem Bus zum Flughafen gelangen. Sowieso kann er die viel zu hohen Preise fürs Parkieren auf der Schweizer Seite kaum glauben.
Fazit: Nie wieder Flughafen Basel, nie wieder EasyJet
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Flughafen Basel der behindertenfeindlichste Flughafen der Schweiz ist, und dass man sich bei Flugreisen als Mensch mit Behinderung weiterhin nicht darauf verlassen, dass man hier anständig, sorgfältig und professionell behandelt wird.
Eins ist uns klar: Spätestens nach unserem für Mai bereits gebuchten EasyJet-Flug von Basel nach Edinburgh werden wir nie mehr mit EasyJet fliegen. Nie wieder Flughafen Basel, nie wieder EasyJet.
das tönt ja extrem abschreckend. Bis jetzt musste ich noch nie solche Erfahrungen machen.
ich habe bis jetzt mit dem Rollstuhl nur Swiss und Lufthansa gebucht.
schöne Grüsse
Michael
Ïhre Erfahrung erstaunt mich nicht. Als wir vor wenigen Jahren über Asterdam nach Lateinamerika fliegen wollten mit KLM, wollten wir wie immer am Abend vorher das Gepäck einchecken. Meine ]F]rau spricht nicht Französisch, trotzdem weigerte sich die Dame am Check-in Deutsch zu sprechen. Sie nahm unser Gepäck entgegen und als es verschwunden war, fragte sie ob wir erst morgen fliegen würden. Sie könne das Gepäck nicht entgegen nehmen, es gäbe keine Möglichkeit dies über Nacht einzuschliessen. Wir mussten das Gepäck bei der Ankunft abholen, wo es 1,5 h später ankam! Vergangenen November versuchten wir es nochmals, mit Gepäckaufgabe am Morgen des Fluges. Wieder weigerte sich der Mitarbeiter am Check-in Deutsch zu sprechen, er sprach Englisch. Ich tat als ob ich kein Franz verstehe. Beim Sicherheitscheck war dann Deutsch kein Problem. Bin gespannt auf den Rückflug nach Corona. Nie wieder Euroairport.