Nicht rollstuhlgängige neue SBB-Züge: Schockierende Entdeckung
Rollstuhlfahrer können aus den von der SBB bestellten Bombardier-Züge nicht selbstständig aussteigen. Diese News hat in den letzten Tagen die Schlagzeilen beherrscht, nachdem die Nachrichtensendung „10 vor 10“ darüber berichtet hatte, dass die Behindertenorganisation „Inclusion Handicap“ deswegen die SBB, Bombardier und das Bundesamt für Verkehr (BAV) verklagt.
Die Neigung der Rampe zum Aussteigen aus dem Zug beträgt 14%, was tatsächlich sehr steil ist.
Doch ist das zu steil? Ein Hinweis einer gut informierten Person hat mich zu den Vorschriften geführt, die für die Hindernisfreiheit im öffentlichen Verkehr relevant sind. Konkret handelt es sich um die EU-Verordnung 1300/2014 „Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung und Menschen mit eingeschränkter Mobilität (PRM)“, die von der Schweiz übernommen wurde. Diese bestimmt die maximale Neigung von Rampen in Fahrzeugen, was auch von der Länge der Rampe abhängt. Ist die Rampe in Doppelstockwagen kürzer als 84 Zentimeter – und das wird in den Bombardier-Zügen wohl so sein – darf die Rampe maximal 15% steil sein.
Das heisst also: Scheinbar halten die bestellten Züge die Vorschriften also ein… obwohl dabei Rollstuhlfahrer nicht selbstständig aussteigen können.
15% Steigung entspricht 8,5 Grad oder so viel:
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat auf seiner Webseite Informationen zur Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr aufgeschaltet. Dieses verlinkt auf das PDF-Dokument BAV-Hinweise zur autonomen Benutzung des barrierefrei ausgestalteten öffentlichen Verkehrs, das den Vogel abschiesst: Es kommt zum Schluss, dass jemand, der 12% Neigung (das ist die maximal erlaubte Neigung für Rampen zum Perron hin) nicht selbstständig bewältigen kann, den öffentlichen Verkehr nicht benutzen soll. Oder: Bist du zu behindert, dann bleib besser zu Hause.
Im genauen Wortlaut heisst das in dem vom stellvertretenden Direktor des BAV, Pierre-André Meyrat, unterzeichenten Dokument so: „…, ist eine netzweite autonome öV-Benützung nur möglich für mobilitätseingeschränkte Personen, die mit den geeigneten Hilfsmitteln (…) Rampen mit einer Neigung von 12% überwinden können.“
WIE BITTE KANN DAS ALS GLEICHSTELLUNG VON MENSCHEN MIT EINER BEHINDERUNG ANGESEHEN WERDEN!?
Da verliert man wirklich jeglichen Glauben in die Menschheit.
Hoffentlich gelingt es Inclusion Handicap, mit ihrer Klage einen Sieg zu erzielen und eine Anpassung dieser untauglichen Vorschriften zu erzwingen. Jetzt gilt es für alle: Wir müssen uns wehren!