Im Rollstuhl an die Museumsnacht

Am 21. März 2014 fand die diesjährige Berner Museumsnacht statt. Ich hatte im Voraus bemängelt, dass auf der Webseite keine Informationen für Rollstuhlfahrer vorhanden sind. Nachdem sich Leute mit einer Behinderung scheinbar kaum für die speziellen Angebote (z.B. Führungen in Gebärdensprache) interessierten, haben die Verantwortlichen diese gestrichen – und gleichzeitig auch fast alle Informationen zur Zugänglichkeit der Museen. Diese wurden jetzt wieder aufgeschaltet.

Zur Vorbereitung der Museumsnacht sind wir zu Hause das Programmheft durchgegangen, haben Klebezettel mit unseren Favoriten eingeklebt, Farbpunkte für nur teilweise (gelb) oder gar nicht zugängliche (rot) Museen, und ein grosses Post-It mit einer Liste der Veranstaltungsorte mit rollstuhlgängiger Toilette. Diese Informationen haben wir auf www.zugangsmonitor.ch/museumsnacht-bern gefunden. so können wir später spontan sein, ohne nochmals nachsehen zu müssen.

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Wir starten nach dem feinen Nachtessen im Kung Fu Burger (Nebeneingang mit mobiler Rampe, Mitarbeiter fragen, kein Rollstuhl-WC) auf dem Bundesplatz. Das Ticket ist für Rollstuhlfahrer gleich teuer wir für alle andern. Im Sensorama-Pavillon kann man unter anderem Wasser strudeln und Sand vibrieren. Für die Bundeshaus-Führung stehen uns zu viele Leute an. Wahrscheinlich wäre sie sowieso nur teilweise möglich.

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Wow. Vor dem Bellevue stehen extrem viele Leute für die Fahrt mit einem Oldtimer an. Es sind tolle Autos, die am Start sind, und grossartig, wie sie von einem Sprecher vorgestellt werden. Uns zieht es weiter Richtung Helvetiaplatz. Das Alpine Museum hätten wir sonst sicher nie besucht. Heute? Wieso nicht!

Vor dem Museum können Steine aufgetürmt werden. Eine sehr originelle Idee, und kurzweilig zum Zuschauen. Über die Rampe zum Café gelangen wir ins Museum und – nach der Instruktion einer Mitarbeiterin – von dort über einen interessanten Aussenlift in die beiden Obergeschosse. Ein grosses Massenlager lädt zum Verweilen ein und in den Kissen sind Lautsprecher eingebaut, aus denen Bergführer erzählen. Im Kino läuft eine Dokumentation der ersten Frau im Alpenclub.

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Das Historische Museum besuchen wir lieber ein anderes Mal. Im Museum für Kommunikation werden von Rituale und Gebräuche gezeigt. Die Jugendlichen am Tisch mit Knigge und Tischmanieren machen grosse Augen – vermutlich hören sie von all dem zum ersten Mal. Die königliche Hochzeit läuft im Fernsehen und es gibt ein Siegerpodest, auf dem Fotos geschossen werden können.

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„Bern brönnt“: Auf dem Weg zurück lassen wir uns ein Feuerwehrauto erklären. Das ist extrem interessant und der freiwillige Feuerwehrmann ist mit sehr viel Begeisterung dabei.

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In die Kunsthalle gelangen wir leider nicht. Hier gäbe es zwar eine Rollstuhlrampe zum Eingang, aber davor der Grill des Essenszelts – ein Durchkommen ist so nicht möglich. Das ist natürlich ganz schlecht gelöst.

Im Hotel Bellevue geht’s kulinarisch zu und her. Unter dem Thema „Tischlein deck dich“ werden fünf festliche Tafeln gezeigt, darunter das Staatsbankett für hohe Gäste oder ein exotischer Tisch mit zwei Pfauen als Dekoration (Bild). Im Palast Café gönnen wir uns ein Stück Sachertorte – genau das Richtige! Sowieso gab’s an vielen Veranstaltungsorten spezielles Essen und Getränke. Die Rampe zum seitlichen Eingang der Hotel-Vorfahrt ist mit einem Tisch versperrt. Das ist ziemlich unglücklich, zu zweit aber zu bewältigen. Wie immer ist das Personal extrem hilfsbereit und zuvorkommend.

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Am Bundesplatz bewundern wir nochmals die Oldtimer, die noch immer unterwegs sind. Die Warteschlange ist immer noch nicht kürzer. Die riesigen Ami-Schlitten sind grossartig, die gelbe Corvette gut 35-jährig – gleich alt wie ich. Der Shuttle-Bus zu den einzelnen Veranstaltungsorten ist weniger voll und mit dem Museumsnacht-Bändel übrigens kostenlos.

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Kurz nach 1 Uhr machen wir uns langsam wieder auf den Nachhauseweg. Und geraten auf der Kornhausbrücke mitten in die Oldtimer-Strecke. Lustig!

Unser Fazit: Die meisten Museen sind komplett oder zumindest teilweise rollstuhlgängig. Viele haben ein Rollstuhl-WC… und alle sehr nettes und hilfsbereites Personal. Lasst Euch nicht von den anderen Leuten abschrecken. Es hat immer genug Platz für Rollstuhlfahrer und die Atmosphäre ist toll. Der Besuch der Museumsnacht Bern lohnt sich!

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