Die Desinfektionsmittelspender im Migros funktionieren mit Fusspedal

Seit Beginn der Coronavirus-Pandemie stellen die Supermärkte ihren Kunden Desinfektionsmittel zur Verfügung. Ende September 2020 hat Migros die eher provisorische Lösung mit den angebundenen Flaschen durch neue Desinfektionsmittelstationen ersetzt. Einen Schönheitsfehler haben sie allerdings: Menschen im Rollstuhl können sie nicht bedienen.

Trotz der aufgeklebten Anleitung haben viele Kundinnen und Kunden Mühe mit der Bedienung: Sie halten ihre Hände hinein und warten vergeblich darauf, dass der Sensor einen Desinfektionsmittel-Sprühstoss auslöst. Auch einen Knopf gibt es nicht. Nein, die Bedienung erfolgt über ein Fusspedal. Dieses muss man mit dem Fuss mehrmals drücken, um genügend Sprühstösse zu erhalten, damit es zum Desinfizieren der Hände reicht. Migros-Kundinnen und -Kunden im Rollstuhl ist es damit nicht möglich, sich hier die Hände zu desinfizieren.

Überraschend viele Reaktionen auf meinen Tweet zeigen: Migros setzt diese neuen Desinfektionsmittelstationen in seinen Filialen in einem grossen Teil der Schweiz ein (mindestens in den Genossenschaften Aare und Luzern) und muss dazu Hunderte dieser Maschinen bestellt. Damit ging der Beschaffungswunsch bei der Migros sicherlich durch viele Hände, bis der Auftrag genehmigt war und erteilt werden konnte. Umso unverständlicher ist also, wie auf allen Etappen Menschen im Rollstuhl vergessen werden konnten.

Auf meine Anfrage hin antwortet die Migros: «Die Migros Aare hat sich aus hygienischen Gründen für Desinfektionsmittelstationen mit Fusspedal entschieden. Bei Kundenrückmeldungen stellen wir in der Nähe des Desinfektionsmittelständers zusätzlich Sprühflaschen mit Desinfektionsmittel auf.»

Und: «Die Situation ist für alle neu, die Migros Aare wollte möglichst rasch eine praktische und hygienischere Lösung umsetzen. Diese ist noch nicht in allen Belangen optimal. Mittelfristig werden die Desinfektionsstationen deshalb umgebaut und optimiert. Die Migros Aare will allen Kunden das Hände-Desinfizieren ermöglichen. Aus diesem Grund stehen weiterhin die Sprühflaschen zur Verfügung, ausserdem hilft unser Personal gerne weiter. Betroffenen Kunden geben wir auch gerne eine kleine Flasche Desinfektionsmittel ab.»

Immerhin ist Migros die Problematik nun bekannt, und sie stellen Menschen im Rollstuhl weiterhin Desinfektionsmittel zur Verfügung. Klar ist auch, dass sich Migros für diese Stationen mit mechanischer Bedienung entschieden hatten, weil sie auch ohne Stromanschluss funktionieren und so überall und ohne störende Kabel platziert werden können. Trotzdem befindet sich immer mindestens einer dieser Spender in der Nähe der beleuchteten Eintrittsampel, womit sich die beiden Geräte einen Stromanschluss teilen könnten. Vielleicht könnten sie auch mit einem Akku betrieben werden?

Jedenfalls wird der angekündigte Umbau der Desinfektionsmittelstationen der Migros wohl teurer zu stehen kommen (inklusive der ursprünglichen Anschaffungskosten), als wenn sie sich von Anfang an für eine Lösung entschieden hätten, die wirklich von allen Kundinnen und Kunden bedient werden kann. Der Zeitdruck scheint auf jeden Fall nicht schuld daran zu sein, dass die Geräte von Menschen im Rollstuhl nicht bedient werden können. Von «möglichst rasch» konnte Ende September, fünf Monate nach dem Abklingen der ersten Welle, keine Rede mehr sein. Es bleibt zu hoffen, dass die zukünftigen Desinfektionsmittelspender in den Migros-Filialen nun wirklich von allen Kundinnen und Kunden bedient werden können.

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