Parkieren auf dem Behindertenparkplatz – (k)ein Kavaliersdelikt?

Wenn man ja “nur mal kurz einkaufen” muss, dem Handwerker der Weg zum nächsten richtigen Parkplatz zu weit ist, oder die Putzfrau am liebsten direkt nebem dem Einsatzort parkiert: Alle fühlen sich berechtigt, auf dem einzigen Behindertenparkplatz zu parkieren. So ist dieser Parkplatz immer mal wieder für 20 Minuten (Kurzeinkäufer), 2x 4 Stunden (Handwerker, für Mittagspause weggefahren) oder den ganzen Samstag Nachmittag über (Putzfrau) besetzt.

Das Nachsehen hat, wer als Gehbehinderter auf einen solchen extrabreiten Parkplatz angewiesen ist, z.B. um mit weit geöffneter Türe in den Rollstuhl umsteigen zu können. Wo diese Leute jetzt parkieren, das ist den unberechtigten Parkierern egal. Den meisten wird ihre eigene Bequemlichkeit wichtiger sein als dieser Gedanke. “Jetzt wird sowieso nicht gerade einer kommen, der den Parkplatz benötigt”, werden sie sich denken. Oder vielleicht sogar: “Behinderte haben hier um diese Zeit sowieso nichts verloren.”

Theoretisch ist das Parkieren auf einem für gehbehinderte Personen reservierten Parkfeld ohne Berechtigung ja verboten. Der unberechtigt Parkierende begeht eine Übertretung und wird mit 120 Franken Busse bestraft (Bussenliste der Ordnungsbussenverordnung OBV, Ziffer 240.1), solange er nicht länger als 60 Minuten parkiert. Bei einer Parkzeit über 60 Minuten wird ein ordentliches Verfahren durch den Polizeirichter durchgeführt, wobei neben einer (höheren) Geldstrafe auch die Gerichtskosten bezahlt werden müssen. Im Wiederholungsfall können sogar noch höhere Strafen (denkbar auch eine Haftstrafe) ausgesprochen werden.

Praktisch passiert den Unberechtigten aber kaum je etwas. Denn die Polizei unternimmt überhaupt nichts. Sie seien “nur für den rollenden Verkehr” zuständig, meint der darauf angesprochene Polizist. Die Kontrolle des ruhenden Verkehrs (= amtsdeutsch für “parkierte Autos”) wurde – wie in vielen Gemeinden – an die Securitas delegiert. Und diese scheint entweder nur allzu sporadisch Kontrollen zu machen, oder angesichts der Handwerkerautos einfach beide Augen zuzudrücken.

Obwohl: Natürlich sind auch Handwerker-Autos NICHT berechtigt, hier zu parkieren. Und auch jemand, der sich gerade nicht so gut fühlt, weil er zum Beispiel sein Bein verstaucht hat, darf hier nicht parkieren. (Und ja: Auch ein grosser BMW zählt nicht als Behinderung.) Auf diesem Parkfeld darf einzig parkieren, wer über eine Parkkarte “Parkierungserleichterung für gehbehinderte Personen” verfügt. Ausgestellt wird diese auf Gesuch hin an Personen, die mittels ärztlichem Zeugnis eine erhebliche Gehbehinderung nachweisen, sowie für den Transport dieser Personen.

Ich rege mich ständig über die unberechtigt parkierten Autos auf und finde, dass das Parkieren auf einem Parkfeld für Gehbehinderte weder ein Kavaliersdelikt noch sonstwie “lustig” ist. Hier sollte nicht nur viel regelmässiger kontrolliert, sondern auch rigoros gebüsst und verzeigt werden. Ich bin sicher, dass auch die Polizei trotz Delegation der Parkbussen-Verteilung auch selbst mal eine solche ausstellen dürfte. Denn sonst – und das sieht man ja fast täglich überall in der Schweiz – parkieren immer mehr und immer häufiger Unberechtigte auf diesen Parkplätzen.

(Diesen Blogbeitrag hatte ich ursprünglich am 1. Februar 2010 im Autofahrerblog.ch publiziert.)

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