Darf die Polizei auf Behindertenparkplätzen parkieren?
Beim Vorweihnachtsshopping in Zürich haben wir einen freien Behindertenparkplatz an der Pelikanstrasse in Zürich gefunden, direkt vor dem Showroom der schnittigen Elektro-Autos von Tesla. Als wir kurz vor 18 Uhr zurückkommen, steht auf dem zweiten Behindertenparkplatz ein Polizeiauto. Natürlich ohne Parkkarte für Gehbehinderte.
Fünf Minuten später kommen die Polizisten zurück. „Wir hatten einen Einsatz, deshalb dürfen wir auf dem Behindertenparkplatz parkieren“, sagt der Polizist, den ich darauf anspreche. Und: „Wir sind Ihnen keine Rechenschaft schuldig.“
Aber stimmt das wirklich? Dürfen Polizisten während eines Einsatzes auf einem Behindertenparkplatz parkieren? Oder sind sie nur wie alle anderen: Jemand mit einer schlechten Ausrede.
Polizeiliches Handeln unterliegt den allgemeinen Grundsätzen rechtsstaatlichen Handelns. Voraussetzungen sind eine gesetzlichen Grundlage, ein öffentliches Interesse und die Einhaltung der Verhältnismässigkeit. So gibt es die Schweizerische Bundesverfassung in Art. 5 vor.
Gesetzliche Grundlage des polizeilichen Handelns bildet das kantonale Polizeigesetz. In dem des Kantons Zürich sind diese Grundsätze in § 8-10 Polizeigesetz (PolG) geregelt. Hier ist zu lesen, dass die Polizei bei der Erfüllung ihrer Aufgaben an die Rechtsordnung gebunden ist. Sie darf bei der Erfüllung ihrer Amts- und Berufspflicht jedoch auch Verbotenes tun und macht sich dabei nicht strafbar. Dies gilt jedoch nicht in jedem Fall.
Nach § 10 PolG muss das polizeiliche Handeln zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben notwendig und geeignet sein. Unter mehreren geeigneten Massnahmen sind jene zu ergreifen, welche die betroffenen Personen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen. Dieser Grundsatz der Verhältnismässigkeit besagt, dass immer das mildestmögliche Mittel gewählt werden muss, also das, das andere am wenigsten beeinträchtigt.
Und genau hier liegt das Problem: Auf der anderen Strassenseite befindet sich ein etwa drei Personenwagen langes gelbes Parkfeld mit der Aufschrift „Car“, das für Touristenbusse vorgesehen ist. Es steht leer und war es sicher auch ein paar Minuten davor, als die Polizisten das Auto hier abstellten. Die Polizisten hätten genauso gut auf dem Car-Feld oder ausserhalb eines Parkfelds parkieren können und damit Personen mit einer Gehbehinderung weniger stark beeinträchtigt. Der Allgemeinheit hätte dies auch nicht mehr geschadet, da um diese Uhrzeit wohl kaum noch Touristen anreisen, die dann im Notfall auch anderswo ein- oder aussteigen könnten. Gehbehinderte haben diese Ausweichmöglichkeit kaum je.
Ich sehe hier die Verhältnismässigkeit im vorliegenden Fall verletzt, womit das Parkieren der Polizisten auf dem Behindertenparkplatz NICHT erlaubt war. Der Fahrer des Polizeiautos müsste die übliche Busse von 120 Franken erhalten.
Besonders schlimm finde ich hier, dass die Polizei ein schlechtes Vorbild für andere darstellt. Wenn sich die Polizei schon nicht daran hält, nicht auf Behindertenparkplätzen zu parkieren, wieso soll ich dann? Wie gesagt: Eine schlechte Ausrede, wieso sie unberechtigterweise hier parkieren, haben alle.
Ich kontaktiere die Stadtpolizei Zürich mit diesem Vorfall und bin auf die Erklärung gespannt.
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Eineinhalb Wochen später enttäuscht die Stadtpolizei mit einer generellen Antwort, dass Polizisten im Rahmen von Einsätzen schon auf Behindertenparkplätzen parkieren dürfen. Damit gebe ich mich nicht zufrieden und fordere eine Antwort im konkreten Fall.
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Daraufhin erhalte ich eine lange Abhandlung darüber, wie enttäuscht die Polizei doch sei, dass ich im Blog bereits über den Vorfall geschrieben habe, und dass die Berichterstattung einseitig sei und die Polizei ins schlechte Licht rücke. Als ob ich schuld daran gewesen wäre, dass die Polizisten unberechtigt auf dem Behindertenparkplatz parkiert hätten. Weiter schreibt der Kommunikationsverantwortliche:
„Wie wir Sie bereits informiert haben, stellt das unberechtigte Parkieren auf Car-Parkplätzen ebenfalls eine Übertretung dar, gleich wie bei Behindertenparkplätzen.
Eine Diskriminierung von Gehbehinderten ist aus unserer Sicht vorliegend kein Thema. Dass im vorliegenden Fall der Behindertenparkplatz gewählt wurde, oblag dem Zufall, dass die eingesetzte Patrouille von dieser Strassenseite herkommend an den Einsatzort gelangte. Verständlicherweise wurde daher nicht versucht, zunächst noch die Pelikanstrasse bei starkem Feierabend- bzw. Gegenverkehr (ca. 18 Uhr) zu überqueren, sondern den schnellst möglich verfügbaren Parkplatz zu wählen. Aus Sicht der Stadtpolizei handelten die betreffenden Mitarbeitenden mit der Wahl der Parkmöglichkeit den Umständen entsprechend verhältnismässig.
Als Jurist verstehen Sie mit Sicherheit, dass wir Ihnen über die Einzelheiten des Einsatzes keine detaillierten Auskünfte geben können. Sie dürfen aber davon ausgehen, dass der Einsatz ein rasches Handeln erforderte, um für die oder den Betroffenen das Bestmögliche machen zu können.“
Meine Zweifel bleiben weiterhin bestehen. Die Frage der Verhältnismässigkeit ist nicht schlüssig beantwortet.
in der Regel sollte man an dieser Stelle nicht parkieren- auch die Polizei nicht. Aber wenn sie einen Einsatz hatte, dann ist es ok. Dies sollte auch eine ‚körperlich‘ behinderte Personen einsehe – oder? Zumal die Polizei auch gegenüber falsch parkierten Fahrzeugen von behinderten Fahrzeuglenkern sehr grosszügig ist. Oder ist Ihnen was anderes bekannt? Und wenn man zum Beispiel eine Person aus diesem Geschäft abholen muss, möchte man nicht noch über die steasse laufen….