Kameras statt Schranken in Einkaufszentren der Migros: Die Vorteile für Menschen im Rollstuhl überwiegen

Im Centre Brügg, Shoppyland Schönbühl, Westside und bald in allen Einkaufszentren: Die Migros setzt auf ein neues Parksystem mit Kennzeichen-Erfassung per Kamera und fordert Parkgebühren konsequent ein. Für Menschen im Rollstuhl bietet das neue System aber auch Vorteile.

Im Centre Brügg, Shoppyland Schönbühl inkl. OBI und im Westside ist das neue Parksystem der Migros bereits aktiv, in den nächsten Monaten soll es in allen grossen Migros-Einkaufszentren in den Regionen Bern und Berner Oberland eingeführt werden. Kameras erfassen das Nummernschild bei der Ein- und Ausfahrt automatisch. Das System erkennt das Fahrzeug, berechnet die Parkdauer und damit die Parkgebühr.

Für die Kamera sind alle gleich

Im Shoppyland Schönbühl war Parkieren auf den Behindertenparkplätzen bisher kostenlos. Denn: Hier gab es keine Parkplatz­nummern, die alle anderen Autofahrenden am Kassenautomat eintippen mussten. Für die Kamera sind nun alle Autos gleich.

«Als Einkaufscenter sind wir behördlich dazu verpflichtet, Parkplatzgebühren zu erheben. Eine gesetzlich verankerte Regelung von Ausnahmen dieser Vorgabe für Fahrzeuge von Personen mit Gehbehinderungen / Familien / Militärangehörige / Diplomaten usw. gibt es nicht, daher gelten für alle die gleichen Gebühren», antwortet mir die Medienstelle der Migros Aare.

Bezahlen im Internet oder automatische Abbuchung

Wo es bisher Schranken gab, überwiegen aber die Vorteile: Menschen mit Behinderungen, die in der Beweglichkeit der Arme eingeschränkt sind, müssen bei der Einfahrt kein Ticket mehr ziehen, es zum Bezahlen nicht mehr in den Kassenautomaten stecken und es bei der Ausfahrt nicht mehr bei den Schranken einführen. Denn neu gibt es zwei weitere Möglichkeiten, die Parkgebühr zu bezahlen. Auf diese weist ein ganzer Schilderwald hin.

Entweder erfolgt die Bezahlung ganz einfach im Internet unter parken.mh-parkservice.ch, und zwar bis zu 24 Stunden nach dem Parkvorgang. Noch einfacher geht es mit dem «Migros Park & Go Service», der sich im Migros-Benutzerkonto aktivieren lässt. Hier können das Autokennzeichen und ein Zahlungsmittel hinterlegt werden, und schon werden die Parkvorgänge automatisch abgebucht.

Datenschutz? Gewährleistet.

Das neue, schrankenlose System ist nicht nur benutzerfreundlich, sondern auch datenschutzkonform, verspricht die Migros all denen, die wegen den Kameras skeptisch sind: Es werden keine personenbezogenen Daten gespeichert, und die Kennzeicheninformationen werden nach erfolgter Zahlung gelöscht. Die Kameras dienen ausschliesslich der Erfassung der Parkdauer und sind nicht mit Überwachungssystemen verbunden.

Aber Achtung: Wo es bisher keine Schranken gab, waren es sich viele Kundinnen und Kunden gewohnt, kostenlos zu parkieren. Mit dem neuen System ist das nicht mehr möglich. Wer die Parkgebühr nicht begleicht, bei dem fordert sie der externe Parkraumbewirtschafter zusammen mit einer Umtriebsentschädigung von CHF 60.- ein. Darauf weisen mehrere Schilder auf dem Gelände und bei der Ausfahrt hin. In diesem Fall bleibt das Kennzeichen gespeichert.

Bringen und abholen bleibt kostenlos möglich

Eine Stunde parkieren kostet je nach Einkaufszentrum 50 Rappen oder einen Franken. Das sei der «Minimalbetrag ab der ersten Minute», steht auf der Website. Das stimmt so aber nicht. «Die ersten 15 Minuten Parkzeit sind weiterhin kostenfrei», räumt die Medienstelle der Migros Aare ein. Damit bleibt das Bringen und Abholen einer Person mit Behinderung kostenlos möglich, und genauso das Umparkieren in einen anderen Parkplatz-Bereich, falls im zuerst angesteuerten Bereich alle Behindertenparkplätze schon belegt sind. Beides wollte ich nämlich genau wissen.

Missbrauch melden

Bisher waren im Shoppyland Mitarbeitende unterwegs, die im schrankenlosen Parkhaus überprüft haben, ob die Parkgebühren tatsächlich bezahlt wurden. Diese Kontrollen fallen nun weg – und damit auch die Kontrolle der Behindertenparkplätze? Auch das hat mich interessiert. Die Medienstelle beschwichtigt: «Es ist täglich Sicherheitspersonal vor Ort, das auch die Behindertenparkplätze regelmässig überprüft und bei Missbrauch aktiv wird. Kundschaft, die ebenfalls eine missbräuchliche Verwendung beobachtet, kann dies am Kundendienst melden.» Diese Auskunft der Medienstelle nehmen wir sicher beim Wort.

Fazit

Wer bisher im Shoppyland Schönbühl gratis parkiert hat, verliert mit dem neuen Parksystem dieses Privileg. In den übrigen Einkaufszentren der Migros überwiegen die Vorteile aber klar: Die zusätzlichen Bezahlmethoden erleichtern Menschen mit Behinderungen die Begleichung der Parkgebühr.

Mehr Informationen zum neuen Parksystem gibt es auf den Websites des Centre Brügg, Shoppyland Schönbühl, Westside sowie auf der Website der Migros.

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