Ladestationen: Lösungsmöglichkeiten würden vorliegen
Tatsächlich stellt sich die Frage, wie in der Praxis bestmöglich erreicht werden kann, dass Ladestationen auch von Menschen im Rollstuhl benutzt werden können. Wird einer von beispielsweise vier Ladeplätzen für Menschen mit Behinderungen reserviert, steht dieser während der übrigen Zeit anderen Ladenden nicht zur Verfügung. Wird bei einem extrabreiten Platz lediglich darauf hingewiesen, dass dieser bevorzugt für Berechtigte mit Behindertenparkkarte bereitstehen soll, aber auch von anderen benutzt werden darf, wird dieser wohl am häufigsten besetzt sein – wer verwendet freiwillig einen engen Parkplatz, wenn daneben ein breiter verfügbar ist?
Grundvoraussetzung für eine hindernisfreie Ladestation ist es, überhaupt aus dem Auto in den Rollstuhl transferieren zu können. Um das gewährleisten, müssen entweder Behindertenparkplätze mit Ladesäulen ausgestattet oder Ladeplätze genügend breit erstellt werden. Oder am besten beides. Die beste Lösung zeigt Socar: Am Rastplatz Eggberg sind zwischen den normalbreiten Ladeplätzen Sperrflächen markiert. Diese gewährleisten, dass bei jedem einzelnen Platz beide Türen vollständig geöffnet werden können, um in den Rollstuhl zu transferieren. In England sind Behindertenparkplätze so ausgestaltet, was für uns generell mehr Sinn macht als die Schweizer Lösung. Am Rastplatz Knutwil Nord sind gleich alle Parkplätze extrabreit markiert; so breit wie ein Behindertenparkplatz. In Eggberg ist das Trottoir auf der ganzen Breite abgesenkt, in Knutwil auf der Höhe der Ladesäulen.
Gutes Beispiel oben: SOCAR A2 Eggberg, unten: SOCAR A2 Knutwil Nord
Eine weitere Lösungsmöglichkeit hält Fastned bereit: Hier gibt es gar keine Parkfelder. Die Ladesäulen stehen so, dass die Benutzerinnen und Benutzer selbst entscheiden, wie sie ihr Auto seitlich daneben platzieren. Somit ist ein Parkieren mit ausreichend Abstand zum Transferieren in den Rollstuhl möglich, ohne daneben das nächste Auto zu behindern.
Gutes Beispiel oben: Fastned A1 Suhr, unten: Gofast A2 Amsteg
Eine separate Lösung drängt sich auch bei Anbietern auf, die beim Blockieren des Ladeplatzes nach Ladeende eine Strafgebühr erheben, wie Tesla das beispielweise an den Superchargern macht. Denn Personen, die sich aufgrund ihrer Gehbehinderung nur langsam fortbewegen können, benötigen für die Rückkehr zum Auto deutlich länger. Eine tiefere Strafgebühr oder eine längere Frist für das Wegfahren wären hier wünschenswert.
Empfehlungen für rollstuhlgerechte Ladeplätze
Die Schweizer Fachstelle Hindernisfreie Architektur publiziert Richtlinien, Merkblätter und Planungshilfen zu allen Belangen des hindernisfreien Bauens. Sie hat ein Merkblatt «Rollstuhlgerechte Ladeplätze» publiziert, das extrem hilfreich ist. Es enthält alle von uns beobachteten Bereiche, damit ein Ladeplatz effektiv von Menschen im Rollstuhl genutzt werden kann. Neben der notwendigen Dimensionierung, dem Zugang und der Ausstattung der Ladeplätze inklusive Bewegungsflächen rund um das Fahrzeug gibt es mehrere Abbildungen für die Planung der Ladeplätze.
Schade, dass die kantonalen Baubewilligungsbehörden dieses Merkblatt 150 offenbar nicht kennen oder nicht berücksichtigen. Denn die Fachstelle ist gleicher Meinung wie wir: «Ladestationen müssen für Personen mit Rollstuhl gleichwertig verfügbar und zugänglich sein, um Diskriminierung zu vermeiden.»