Lichtshow „Rendez-vous Bundesplatz“ 2015: Genickstarre für Rollstuhlfahrer

Die Lichtshow „Rendez-vous Bundesplatz“ findet schon seit ein paar Jahren auf dem Bundesplatz statt. Jeweils von Mitte Oktober bis Ende November dient das Bundeshaus in Bern als Leinwand für die Lichtprojektion. Die wird jedes Jahr wilder und zeigt nun mehr Zeichentrickfilm als hüpfende Steine. Was sich meiner Meinung nach überhaupt nicht mit der unebenen Fassade verträgt.

Da der Platz jeweils sehr voll ist und immer jemand vor einen hinsteht, hat man aus der Rollstuhlperspektive früher nur Rücken gesehen. Ich hatte die Organisatoren im 2012 auf dieses Problem hingewiesen und mich gefreut: Im 2013 und 2014 gab es eine erhöhte Rollstuhltribüne vor der Berner Kantonalbank, von der aus auch Rollstuhlfahrer das Spektakel geniessen konnten. Das hat sehr gut geklappt und die Tribüne war immer gut besucht.

Im 2015 war’s damit aber leider wieder vorbei. Schade. Vermutlich dachten sich die Organisatoren: Also DIESE Ausgaben können wir uns sparen. Es sind ja nur Behinderte. Statt der komfortablen Tribüne mit guter Aussicht in guter Distanz gab es dieses Jahr das:

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Einen roten Aufkleber ganz vorne auf dem Bundesplatz. Die Organisatoren nennen das die „Rote Zone für Gehbehinderte im Rollstuhl“. Drei Tage vor Ende der Show wird der Aufkleber wieder „abgebaut“, wie aus einem Zusatzhinweis auf der Webseite bekannt wird. Die Begründung dazu erscheint mir sehr weit hergeholt und lächerlich. „Jeder Rappen zählt“ sendet ab dem 10. Dezember 2015. Wie lange kann es schon dauern, einen Aufkleber wieder zu entfernen? Selbst die Rollstuhltribüne hätte innerhalb von ein paar Stunden wieder abgebaut werden können.

Wegen Ferien und haufenweise Arbeit haben wir es erst jetzt, in der letzten Spielwoche, auf den Bundesplatz geschafft. Und den roten Aufkleber zum ersten Mal gesehen. Bisher waren wir unsicher, was wir von der „roten Zone“ erwarten sollten. Wie befürchtet stehen wir hier zu nahe vor dem Bundeshaus. So bekommen wir gerade mal mit, was in der Mitte abgeht. Der Gesamtüberblick kommt zu kurz. Dafür war der Podest deutlich besser. Aber es ist natürlich schön, in der Mitte direkt vor dem Bundeshaus zu stehen, und nicht einfach auf dem Podest ganz auf der einen Seite. Menschen im Rollstuhl wurden hier also von den schlechten Plätzen zu seitlich auf schlechte Plätze zu weit vorne verschoben, um Geld zu sparen. Klar, ich verstehe, dass für Rollstuhlfahrer nicht ein Podest an bester Lage (ganz hinten und ganz in der Mitte) hingestellt wird, bin aber trotzdem enttäuscht. Von der Rollstuhltribüne her war es wenigstens möglich, „normal“ geradeaus zu schauen. Hier vorne gibt es einfach nur Genickstarre beim Hinaufschauen. Und das Bild ist sehr unscharf, vor allem im unteren Bereich direkt vor uns.

Fazit: Ich wünsche mir das Rollstuhl-Podest der letzten beiden Jahre zurück. Wenn die Stadt genug Geld hat, um die Licht-Show zu bezahlen (die wird ja sicher ziemlich teuer sein), sollte das Podest doch auch noch drin liegen. Aber eben: Bei den Behinderten wird halt gerne gespart.

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